Corona: „Wir werden in 20 Jahren noch Diagnostik für dieses Virus machen“
Frankfurter Rundschau
Virologe Ulf Dittmer erklärt, warum er die Rückkehr einer Variante wie Delta für nicht wahrscheinlich hält und was er über die Laborunfalltheorie denkt.
Herr Dittmer, vor knapp zwei Jahren haben wir zu Beginn der Pandemie das erste Mal miteinander über das Coronavirus gesprochen. Vieles, was Sie damals vermuteten, hat sich bewahrheitet. Zum Beispiel, dass das Virus mutieren wird und es irgendwann nicht mehr so schwere Erkrankungen verursacht, weil es in die oberen Atemwege wandert. Wenn Sie heute zurückblicken: Hätten Sie gedacht, dass sich das Virus so schnell so häufig verändert und mit Omikron im oberen Atemtrakt ankommt?
Dass Sars-CoV-2 so häufig mutiert, hat mich nicht überrascht. Es zählt zu den RNA-Viren, die sich sehr leicht verändern können. Wie lange es dauert, bis das Virus in den oberen Atemwegen ankommt und weniger schwere Verläufe verursacht, ließ sich aber nicht einschätzen, denn wir haben einen solchen Prozess ja noch nie beobachtet. Die Aussagen dazu reichten von: „Das kann in einigen Monaten passieren“ bis zu „Es wird ein Jahrzehnt dauern“. Was ich mir aber nie hätte vorstellen können, ist die Geschwindigkeit, mit der eine neue Variante die vorher dominierende verdrängt – und das weltweit.
Können Sie erklären, warum das bei Omikron so schnell gegangen ist?
Ein Virus, das in der Lage ist, viel mehr Menschen zu infizieren als das vorher vorherrschende, hat einen klaren evolutionären Vorteil. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Fähigkeit, der Immunantwort von Geimpften und Genesenen besser entgehen zu können. Bei der Verdrängung von Alpha durch Delta war das noch anders, da war vor allem die gesteigerte Infektiosität der Grund.
Karl Lauterbach warnt, dass wieder gefährlichere Varianten kommen könnten. Sie sagten in einem Podcast der Universitätsmedizin Essen hingegen: „Es gibt evolutionär keinen Weg zurück zu einem tödlicheren Virus.“ Widersprechen Sie dem Gesundheitsminister in diesem Punkt also?