Beim Versprechen versprochen
Frankfurter Rundschau
Können wir einem Menschen vertrauen, der nicht hält, was er verspricht? Nein. Aber warum tun wir genau das in der Politik? Die Kolumne.
Wann ziehen wir die Reißleine? Wann verlieren wir unser Vertrauen? Wann die Hoffnung? Wenn Versprechen wieder und wieder nicht eingelöst werden. Dann haben wir irgendwann die Schnauze gestrichen voll, wie es so schön heißt. Vielleicht sind wir wütend, traurig oder verletzt, aber fest steht: So nicht! Denn wie sollen wir einem Menschen vertrauen, der seine Versprechen nicht hält?
Was wir im Privaten ganz selbstverständlich praktizieren, fällt uns mit Blick auf Politik und Wirtschaft bedeutend schwerer. „Angriffe, Vorwürfe und viele Versprechen.“ So fasste die Tagesschau das zweite Triell zusammen. Die ersten Leserkommentare brachten auf den Punkt, was ich meine. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Versprechen von Menschen, die ein Land regieren wollen, wenige Wochen bevor wir die Entscheidung treffen, ob wir ihnen genau das zutrauen, nicht viel mehr als Worthülsen sind. Mit anderen Worten: Wir haben gelernt, dass die Aussagen in TV-Duellen und auf Wahlplakaten zwar gut klingen, aber wenig mit dem zukünftigen Verhalten der Volksvertreter:innen zu tun haben.
Ist das unser Ernst? Und wenn ja: Warum lassen wir das mit uns machen?