Außer Rand und Band
Frankfurter Rundschau
Ein umstrittener Pfiff überlappt ein echtes Spitzenspiel zwischen Dortmund und Bayern - und das ist total schade.
An diesem aufregenden, wilden, spannenden, verregneten Abend im Dortmunder Fußballtempel hätte man über viele Leute reden können: Man hätte über Julian Brandt reden können, der früh ein wunderschönes, abgezocktes Tor für den BVB erzielt hatte und der dann später nach einem fürchterlichen Zusammenprall mit den Köpfen in ein Krankenhaus transportiert werden musste. Ihm geht es mittlerweile, wie es heißt, den Umständen entsprechend gut. Man hätte über einen gewissen Marco Rose reden können, der doch eigentlich ein Fußballlehrer sein soll, sich in diesem Gipfelduell mit dem FC Bayern aber zeitweise nicht mehr unter Kontrolle hatte und sich wie ein unerzogenes Rumpelstilzchen aufgeführt hatte, der mit beiden Händen von einem seiner vielen Co-Trainer festgehalten werden musste. Wäre der Mann womöglich rachsüchtig jemandem auf dem Rasen an die Gurgel gegangen? Trainer Rose sah dann nach der gelben auch die gelb-rote Karte, kommt auch nicht so häufig vor, von wegen Vorbild und so.
Man hätte über Erling Haalands Tor mit rechts zum 2:2 reden können, oder über Robert Lewandowskis 122. Doppelpack. Gerne hätte man über Mats Hummels Neues erfahren: Der Mann im gelben Hemd hatte alle drei Tore der Münchner auf dem Gewissen, erst schoss er als letzter Mann Thomas Müller an, dann legte er vor dem 1:2 durch Kingsley Coman per Brust einem Bayern-Spieler den Ball maßgerecht in den Lauf, dann verursachte er mit einem Handspiel im eigenen Strafraum den entscheidenden 3:2-Siegtreffer des Branchenführers. Schließlich wäre man gern in Kenntnis gesetzt worden, wie ein hochbezahlter Fußballprofi, Nationalspieler des Weltmeisters noch dazu, Corentin Tolisso, es fertig bringt, einen Ball aus 35 Metern an einem völlig verwaisten 7,32 Meter großen Tor vorbeizuschießen.
Das alles wäre eine Diskussion wert gewesen. Doch hinterher stand nur ein Mann im Fokus, der Schiedsrichter Felix Zwayer, der im Grunde, zumindest nach Einschätzung des Deutschen Fußball-Bundes, alles richtig gemacht hat: Diskussionen über den Handelfmeter gegen Hummels (73.) und Dortmund seien angesichts von Zwayers großzügiger Linie zwar „nachvollziehbar“, sagte Jochen Drees, Projektleiter für den Videobeweis. Aber: „Betrachtet man die Situation trotzdem losgelöst, ist die Bewertung eines strafbaren Handspiels und somit eines Strafstoßes korrekt.“