Akkordarbeiter Flick heizt den Konkurrenzkampf an
Frankfurter Rundschau
Der Bundestrainer schraubt jetzt in der Autostadt Wolfsburg an einer Nationalmannschaft, die in einem Jahr wieder Weltspitze sein soll
Die Zeiten liegen schon ein bisschen zurück, dass der hohe Norden eine dominierende Rolle für Fußball-Deutschland spielte. Hamburg und Bremen sind von der Bundesliga-Landkarte verschwunden, Hannover ebenso und Braunschweig sowieso. Insofern ist fast logisch, dass die deutsche Nationalmannschaft seit Montag in Wolfsburg gastiert, der Werksverein ist einzig verbliebener Erstligist – und VW zugleich einer der wichtigsten Geldgeber für den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Die Vergabe des nicht ganz so bedeutungsvollen WM-Qualifikationsspiels gegen Liechtenstein (Donnerstag 20.45 Uhr/RTL) ins östliche Niedersachsen war daher auch ein bisschen Verbeugung vor dem Großsponsor, der gesteigertes Interesse daran hat, dass Hansi Flick nicht nur seine Spieler wieder ins Laufen gebracht, sondern auch die Imagewerte der DFB-Auswahl aufpoliert hat.
Weniger die ersten fünf Siege als vielmehr die viele positive Energie haben verblüfft, die der neue Bundestrainer dieser unter Vorgänger Joachim Löw doch merkwürdig ermatteten Mannschaft in Windeseile zugeführt hat. Der emsige Flick erledigt die Reparaturarbeiten im Akkord und versteht sich als aufgeweckter Impulsgeber, der die Ansprüche leise, aber bestimmt nach oben schraubt und dabei – um im Bild der Autostadt zu bleiben – an einer Luxuskarosse baut, die vielleicht für die WM 2022 in Katar allerhöchsten Standard verkörpert. „Wohin unser Weg geht, entscheidet sich erst im kommenden Jahr“, hat Flick der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt, aber klar sei auch: „Spieler wie Kimmich, Goretzka, Müller oder Neuer wollen Weltmeister werden. Ich weiß wie die ticken. Da kann man mit Blick auf die WM nicht sagen: Warten wir mal ab.“
Der 56-Jährige schwenkt damit langsam auf die Linie um, die Anfang September überraschend Torwart Manuel Neuer vorgegeben hatte, als der Kapitän nonchalant ausrief, noch einmal Weltmeister werden zu wollen. Als hätte es das blamable Vorrundenaus bei der WM 2018 und das uninspirierte Achtelfinalausscheiden bei der EM nicht gegeben. Übrigens ja mit Beteiligung der titelhungrigen Leitfiguren Kimmich, Goretzka, Müller und eben Neuer.