Abgesoffener Wut-Motor
Frankfurter Rundschau
Der FC Bayern München wird im Pokal nach allen Regeln der Kunst gedemütigt und sucht fieberhaft nach Erklärungen. Tatsächlich gibt es ein paar Anhaltspunkte.
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Und so kursierten, kaum war ein denkwürdiges Pokal-Spektakel am späten Mittwochabend abgepfiffen, in dem der große FC Bayern nach allen Regeln der Kunst vorgeführt, ja gedemütigt wurde, eine Menge Höhnisches auf den entsprechenden Plattformen. Gerne genommen: eine völlig zertrümmerte Kücheneinrichtung. Damit wurde darauf angespielt, dass der an Covid-19 erkrankte und folglich in Quarantäne zu Hause am Chiemsee harrende Bayern-Trainer Julian Nagelsmann in seiner Küche, eigenen Worten zufolge, ein „Analysezentrum“ eingerichtet hat, dass er also zwischen Spüle, Mikrowelle und Herd sein Team coacht. Das hat zweimal bestens funktioniert, gegen den VfL Wolfsburg und Sporting Lissabon, jeweils 4:0, gegen entfesselt aufspielende Gladbacher aber nicht ganz, 0:5, so hoch haben die stolzen Bayern in ihrem Leben nicht im Pokal auf die Mütze gekriegt. Eine Schlappe in ähnlicher Größenordnung hatte der Klub letztmals vor 43 Jahren beim 1:7 gegen Fortuna Düsseldorf hinnehmen müssen.
Es war ein Abend am Niederrhein, den keiner so schnell vergessen wird, weder Sieger noch Gedemütigte, magisch, wundersam allemal. Es war ein Abend für die Geschichtsbücher, eine Lehrstunde in furiosem Fußball, schnell, direkt, atemraubend. Und es war ein Abend, in dem der einen wie im Rausch auftrumpfenden Mannschaft alles, der anderen überhaupt nichts gelingen sollte.
Bestes Beispiel war kurz vor Schluss der fast schon mitleidige Versuch eines Bayern-Spielers, ein Tor zu erzielen, als Thomas Müller im Bemühen aus dem Schussfeld zu kommen, sich genau in diesen Schuss warf.