„Um jeden Preis“
Frankfurter Rundschau
Die SPD-Politikerin und Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag hält das Festhalten an Olympia in Zeiten der Pandemie für höchst fragwürdig.
Frau Freitag, der Ärzteverband Tokio sprach sich für eine Absage der Olympischen Spiele aus. Auch Umfragen in der Bevölkerung zeigen die Skepsis. Trotzdem werden die Spiele nun durchgezogen. Die falsche Entscheidung? Zehntausende Menschen aus allen Kontinenten werden nach Tokio einfliegen, und das in Zeiten, in den immer mehr Mutationen des Coronavirus bekannt werden. Die Infektionszahlen in Tokio steigen; Premierminister Suga hat für die Stadt den Corona-Notstand ausgerufen. Derselbe Premierminister steht aber unerschütterlich an der Seite von IOC-Präsident Bach: Beide werden diese Spiele durchziehen. Und ich glaube, man darf anfügen, um jeden Preis. Wir alle wissen aus den Erfahrungen der letzten Monate, dass diese vielgerühmten Hygiene-Blasen löchrig sind und ein wirklich sicheres Hygienekonzept für tausende Athletinnen und Athleten aus allen Regionen der Welt kaum realisierbar sein dürfte. Vielleicht hätte man die Corona-Pandemie auch und gerade im internationalen Sport als Auszeit sehen und die Möglichkeit der Reflexion über Fehlentwicklungen und Missstände nutzen sollen. Dagegen stehen aber offensichtlich die wirtschaftlichen Interessen des IOC und der Ausrichter. Die aktuellen Überlegungen, gänzlich auf Zuschauer zu verzichten, sind unter Pandemie-Gesichtspunkten wenigstens ein vernünftiger Ansatz; ich glaube es allerdings erst, wenn tatsächlich keine Zuschauer:innen an und in den Sportstätten sein werden. Wird der Sinn von Olympia nicht ein Stück weit verfehlt, wenn es eine Veranstaltung ohne ausländische Zuschauer:innen und Helfer:innen wird?More Related News