„In anderen Städten kauft man Drogensüchtigen ein Ticket nach Frankfurt“
Frankfurter Rundschau
Gastronomen und Hoteliers beklagen die Situation im Bahnhofsviertel und nehmen die Stadt Frankfurt in die Pflicht. Die diskutiere viel, ohne dass etwas passiert.
Frankfurt - Auf den Buchungs- und Bewertungsplattformen können sie es jeden Tag nachlesen, die Hoteliers aus den Häusern im und nahe dem Bahnhofsviertel: Zunehmend stören sich ihre Gäste an der Umgebung, an den Drogenabhängigen auf dem Platz vor dem Eingang, an Dreck und Gestank in den Straßen. Viele fühlten sich unsicher, wenn sie abends unterwegs sind oder durch das berühmte Quartier müssen, um beispielsweise zum Hauptbahnhof zu gelangen.
„Wir zeigen ihnen einen alternativen Weg“, erzählte Ronald Hoogerbrugge, der Area General Manager von IHG Hotels & Resorts, beim Jahrestreffen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Frankfurt am Dienstag im „Fortuna Irgendwo“. Aber natürlich sei die Situation nicht schön. Zu Hoogerbrugges Unternehmen zählt das Holiday Inn in der Mainzer Landstraße. Die „Willkommenskultur, die man braucht, um erfolgreich zu sein“ und sich inmitten der Konkurrenz gut positionieren zu können, gebe es schon lange nicht mehr, so der Manager. Das Bahnhofsviertel, das einst „Aushängeschild“ war, ist nun der Grund für Reisende, nicht in den dort ansässigen Unterkünften einzuchecken oder sie nach einem Aufenthalt nicht zu empfehlen. Gleichzeitig ist es in den vergangenen Monaten vermehrt zu Elendstourismus gekommen.
James Ardinast, der seit 16 Jahren mit verschiedenen Gastrokonzepten im Bahnhofsviertel aktiv ist, bestätigte das. 2014 habe Frankfurt gerade wegen dieses Quartiers noch zu den weltweit 52 Städten gehört, die man besuchen müsse. „Ich schätze die Ehrlichkeit dort“, dass das, was es in anderen Städten auch gebe, aber an den Rand gepresst werde, hier „ungeschönt“ zum Vorschein trete. Doch während der Pandemie habe sich der Ort innerhalb weniger Monate „komplett verändert“, und er frage sich, ob man den „point of no return“ bereits erreicht habe. „In anderen Städten kauft man den Drogensüchtigen ein Ticket nach Frankfurt und weiß, dass sie nicht mehr zurückkommen“, betonte Ardinast.
„Wir treffen auf offene Ohren in der Landes- und Stadtpolitik“, gab Hoogerbrugge zu. Aber es müsse „kurzfristig“ etwas geschehen. Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP), die mit auf dem Podium stand, wies darauf hin, dass man die frühere von zwei täglichen Straßenreinigungen nach hinten auf 8.30 Uhr verlegt habe, damit gesehen werde, dass man an der Sauberkeit arbeite.
Christian Setzepfandt, Stadtführer und Vorstand der Frankfurter Aidshilfe, zeigte sein Unverständnis darüber, dass es nicht genügend Pissoirs gebe. „80 Prozent der Drogensüchtigen und 100 Prozent der Bordellbesucher sind Männer“, erklärte er. Man diskutiere seit Jahren über dieses Thema, ohne dass etwas passiere. Dabei könne man so direkt das Sauberkeitsgefühl stärken und den Gestank reduzieren.