
Zwischen Impfskepsis und Antisemitismus
Frankfurter Rundschau
Macrons Pläne für einen Gesundheitspass spalten Frankreich. Zulauf für die Proteste kommt vor allem aus den Süden und aus der Peripherie
Im ersten Covid-Jahr hatten sich noch viele gewundert: Während in Deutschland die „Querdenker“ mobilisierten, gab es in Frankreich, dem Land des permanenten Protestes und der tief verankerten Impfskepsis, nur wenige Antiimpfdemos. Erst die Ankündigung eines „Gesundheitspasses“ durch Präsident Emmanuel Macron zündete im Juli den Funken. In diesem Dokument werden Impfstatus, Genesenen-Nachweis und Testergebnisse vermerkt. Seither gehen jedes Wochenende rund 200 000 Impf- und Passgegner:innen – die Beteiligung stagniert auf hohem Niveau – in vielen Städten auf die Straße, um „Freiheit!“ zu skandieren. Konkret wenden sie sich auch gegen Einzelvorschriften wie etwa die Pflicht für Wirt:innen, sogar auf Terrassen einen Gesundheitspass zu verlangen. „Liberté“ ist der einzige verbindende Slogan einer sonst sehr zusammengewürfelten Bewegung. Immer wieder gibt es offenen Zoff in der Menge. In Paris werden auch an diesem Samstag getrennte Umzüge organisiert. Die politischen Differenzen sind zu groß. Auffällig ist die soziologische Nähe der Impf(pass)gegner:innen zu den Gelbwesten. Viele stammen aus verarmten oder peripheren Gebieten namentlich der südlichen Landeshälfte – von der Côte d’Azur über die Provence bis in die Pyrenäen. Dort begegnet man allem, was aus Paris kommt, prinzipiell abweisend. So liegt im Midi auch die Impfrate bedeutend tiefer. Sie zeugt von einer tiefen Angst der Französinnen und Franzosen vor dem Impfen. Während man in der Hauptstadt stolz ist auf die Errungenschaften Pasteurs, erinnert man sich im Süden zuerst an die zahlreichen Medizinskandale (HIV-Blut, Mediator), die viele Menschenleben gekostet hatten.More Related News