
Zunehmende Anfeindungen gegen Russen in Deutschland
DW
Der Ukraine-Krieg hat auch Folgen für die russische Community in Deutschland, wie Recherchen des Südwestrundfunks zeigen. Demnach gab es erste Angriffe gegen russischsprachige Menschen. Mehrere Politiker sind besorgt.
Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist es bundesweit zu ersten Straftaten gegenüber russischsprachigen Personen gekommen. Das ergab eine Umfrage des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" unter den Innenministerien der Bundesländer und mehreren Polizeipräsidien. Demnach kam es vereinzelt zu Angriffen auf mutmaßlich russischsprachige Menschen. Außerdem wurden mehrere Fälle von Sachbeschädigungen gegen russische Geschäfte registriert, bei denen Schaufenster beschmiert und beschädigt worden seien.
Nach Angaben der Behörden gab es zudem mehrere Fälle von Streitigkeiten und Beleidigungen, von denen auch ukrainische Bürger betroffen waren. Allein in Sachsen kam es nach Behördenangaben zu sechs Straftaten in diesem Kontext. Das rheinland-pfälzische Innenministerium sprach auf Anfrage der "Report"-Sendung, die der Südwestrundfunk verantwortet, von einer "emotional aufgeheizten Lage". Demnach teilten mehrere Innenministerien mit, dass sie weitere Straftaten erwarten. Die sächsische Polizei spricht von einer erhöhten Gefährdungslage für offizielle russische und ukrainische Einrichtungen.
Auch die russische Botschaft in Berlin hat sich öffentlich zu den Vorfällen geäußert. Auf ihrer Internetseite beklagt sie einen "starken Anstieg von Fällen gegenüber russischsprachigen Bürgern". Sie ruft Betroffene von Angriffen, Hetze oder Drohungen auf, sich zu melden. Die Botschaft hat nach eigenen Angaben binnen drei Tagen Hunderte Beschwerden von Landsleuten in Deutschland erhalten, die sich über Drohungen und Hassbriefe beklagt hätten. Es gehe dabei unter anderem um Beschädigung von Autos mit russischen Kennzeichen, teilte die Botschaft am Samstag mit. Auch seien Beschimpfungen, Hassbriefe, körperliche Übergriffe und Mobbing unter Schülern gemeldet worden.
Botschafter Sergej Netschajew schickte laut Agentur Interfax eine Note an das Auswärtige Amt, in der er eine angebliche Diskriminierung russischer Landsleute in Deutschland kritisierte. Er forderte "starke Signale der deutschen Regierung" an die Behörden in Ländern, Städten und Kommunen, "um diese Diskriminierung zu beenden". Das Auswärtige Amt bestätigte, dass diese Note dem Ministerium bekannt sei.
Ein Sprecher verwies in dem Zusammenhang auf einen kürzlichen Twitter-Beitrag von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, in dem sie Anfeindungen gegen russische oder belarussische Bürger scharf kritisiert. Wer Menschen aus Belarus oder Russland in Deutschland anfeinde, greife auch "die Grundprinzipien unseres Zusammenlebens" an, hatte Baerbock dort erklärt.