
Zum Tod von Klaus Wagenbach: Lieber selbst scheitern oder selbst gewinnen
Frankfurter Rundschau
Zum Tod des Verlagsgründers Klaus Wagenbach, der mit 91 Jahren gestorben ist.
Am Freitag ist Klaus Wagenbach im Alter von 91 Jahren gestorben. „Im Kreise seiner Familie und umgeben von seinen Büchern“, heißt es in der Pressemitteilung des Verlages vom Montag. Ich wünsche mir, dass es so war, wie es klingt und – so fürchte ich – klingen soll. Es ist lange her, dass ich ihn kannte, dass wir uns ab und zu trafen. Ich habe ihn bewundert. Natürlich wegen seines Verlagsprogramms, aber auch für die Beharrlichkeit, mit der er an bestimmten Positionen festhielt. Er hat mich gelehrt, dass auch ein Sturkopf flexibel sein kann. Er hielt mir darüber keinen Vortrag, sondern er lebte es mir vor.
Er war neugierig. Auf Erkenntnis. Bis ins hohe Alter. Ich weiß nicht, wie es ihm am Ende ging. Manchmal erkundigte ich mich zaghaft danach, aber seine diskrete Ehefrau Susanne Schüssler, die den Verlag seit 2002 leitet, wich stets höflich aus. Vor vielen Jahren erzählte man mir, ab und zu komme er noch in den Verlag, setze sich an den Küchentisch und plaudere freundlich und heiter mit den Mitarbeiterinnen. Mir gefiel dieses Bild so sehr, dass ich gerne weitere Nachforschungen einstellte. Da sieht man, wie eng die Grenzen meiner Neugierde sind.
Unmöglich, sich Klaus Wagenbach vorzustellen ohne seine Begeisterung für Franz Kafka. Schon als Lektor im S. Fischer Verlag kümmerte er sich um dessen Werk und Leben. Er mischte sich wenig ein in die literaturwissenschaftlichen Fragen danach, wie ernst Kafka seine Geschichten meinte, wie spezifisch jüdisch sie sind. Dass Kafka gerne die Lacher auf seiner Seite hatte und keineswegs nichts als ein Prediger der Verzweiflung war – eine Lesart, die in den 50er Jahren weit verbreitet war –, kam Klaus Wagenbach sehr entgegen. Er lachte und er feierte gerne. Seine Feste waren legendär. Gründe zum Feiern fand er immer.