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Zeitenwende in England
Frankfurter Rundschau
Die Premier League beendet die Stigmatisierung von Fans, die Fußball lieber im Stehen verfolgen als im Sitzen.
Für Englands Fußballfans bricht nicht einfach nur ein neues Jahr an, wenn 2021 geht und 2022 kommt, sondern ein neues Zeitalter. Ab dem Neujahrstag sind in der Premier League zum ersten Mal seit fast 30 Jahren wieder Stehplätze erlaubt, und zwar bei vier Vereinen. Die Londoner Vertreter FC Chelsea und Tottenham Hotspur und die Manchester-Klubs City und United haben von der Regierungsbehörde für Stadionsicherheit (Sports Grounds Safety Authority) die Erlaubnis bekommen, für den Rest der Saison Stehplätze zu erproben.
Das Duell der deutschen Trainer Thomas Tuchel und Jürgen Klopp am Sonntagnachmittag bei Chelseas Heimspiel gegen den FC Liverpool ist die erste Partie, bei der gestanden werden darf in einigen Sektoren des Stadions an der Stamford Bridge. Auch der walisische Zweitligist Cardiff City darf mit Beginn des neues Jahres Stehplätze anbieten. Sollte die Testphase erfolgreich verlaufen, könnten Stehplätze zur kommenden Saison flächendeckend in den Profifußball auf der Insel zurückkehren.
Der Grund dafür, warum sie einst abgeschafft worden waren, lässt sich in einem Wort zusammenfassen, das für ein Trauma britischer Fans steht – Hillsborough. Im Hillsborough-Stadion in Sheffield kamen im April 1989 beim Halbfinale des FA Cups zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forest fast 100 Liverpool-Fans ums Leben, und zwar auf einer Stehplatztribüne. Die Regierung von Premierministerin Margaret Thatcher machte Englands Spielstätten danach zu „all seater“-Stadien. Das folgte der Annahme, dass die Liverpool-Fans selbst Schuld waren an den Toten von Hillsborough. Diese Version etablierte die Polizei unmittelbar nach der Katastrophe mit Hilfe der englischen Boulevardpresse.