Zeitenwende für die EU und die Ukraine
DW
Die EU-Regierungschefs haben die Ukraine und Moldawien zu Beitrittskandidaten gekürt. Sie eröffnen damit eine spätere Mitgliedschaft und senden ein politisches Signal. Zugleich gibt es Hoffnung für die Westbalkanländer.
Es hat Wochen gedauert, die notwendige Einigkeit unter den 27 EU-Regierungschefs herzustellen. Zuletzt hatten auch diejenigen, die einer Erweiterung der EU skeptisch gegenüberstanden, ihre Zweifel überwunden und tragen jetzt die historische Entscheidung mit: Die Europäische Union macht die Ukraineund das kleine Nachbarland Moldawienzu Kandidatenländern und öffnet ihnen damit die Tür für einen späteren Beitritt. Georgien soll im Prinzip folgen, sobald es einige Bedingungen erfüllt. Ansonsten soll über Details später geredet werden, um die Bedeutung des Beschlusses nicht zu schmälern.
"Wir schicken an die drei Länder eine Botschaft der Einigkeit", sagte Ratspräsident Charles Michel nach der Einigung am Abend. "Es ist ein entscheidender Moment und ein guter Tag für Europa", fügte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hinzu, deren Beamte die allseits gelobte Vorarbeit für den Beschluss geleistet hatten. "Alle drei Länder sind Teil der europäischen Familie, alle drei haben eine Perspektive für einen Beitritt. Es gibt in dieser Zeit kein besseres Hoffnungszeichen für die Bürger". Die Entscheidung der EU stärke die Union selbst wie auch die Kandidatenländer. "Angesichts der Bedrohung von außen sind wir vereint und stark".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, unter dessen Vorsitz die Entscheidung zustande kam, nannte sie "ein starkes politisches Signal, auch gegenüber Russland". Der Beschluss der EU-27 sei der Start eines Fahrplans und es werde ein langer Weg. Damit meint Macron die Zeit bis zur Aufnahme der neuen Kandidaten, die sein Europaminister vor kurzem noch mit 10-15 Jahren beziffert hatte. Macron betonte auch, wie wichtig die Heranführung und die Integration der östlichen Nachbarn für die EU sei, um nicht ein politisches Vakuum in der Region entstehen zu lassen.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj bedankte sich aus Kiew per Twitter: "Ich begrüße die Entscheidung der EU-Regierungschefs, der Ukraine den Kandidatenstatus zu verleihen. Es ist ein einzigartiger und historischer Moment in den Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU. Ich bedanke mich bei Charles Michel, Ursula von der Leyen und den Regierungschefs für ihre Unterstützung. Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU."
Die traditionellen Erweiterungsskeptiker Dänemark, Portugal und die Niederlande hatten bis zum Beginn des Gipfels ihre Meinung geändert. Die Dänen zum Beispiel betonten die geopolitische Notwendigkeit der Entscheidung und der niederländische Premier Mark Rutte erklärte, die sorgfältige Bewertung des Status in der Ukraine durch die EU-Kommission habe ihn überzeugt: "Die Ukraine ist jetzt in einem Stadium, wo der Kandidatenstatus möglich ist und auch der fürchterliche, verachtenswerte Aggressionskrieg durch Russland spielt eine Rolle”.