WM in Katar: Ein Schauspiel der Heuchelei
Frankfurter Rundschau
Ganz Fußball-Deutschland einigt sich auf einen gemeinsamen Feind. Die Probleme mit der WM in Katar sind ganz schnell vergessen. Eine TV-Kritik.
Frankfurt – Man muss dem ZDF positiv zugutehalten, dass Bastian Schweinsteiger lediglich Experte bei der ARD ist, wo er das Publikum in zehn Minuten fünf Mal mit der Stilblüte „als wie” quält. Das dürfen nur Goethe und andere hessische Muttersprachler:innen. Schweinsteiger ist bekanntlich keines von beidem.
Nichtsdestotrotz erspart auch ZDF-Sportmoderator Jochen Breyer, der von den beiden ehemaligen deutschen Fußball-Nationalspielern Christoph Kramer und Per Mertesacker flankiert wird, dem Publikum nicht das übliche Gerede davon, wie „wir“ heute Abend spielen. Es wird deutlich: Im deutschen TV-Fußball herrscht wieder Normalbetrieb.
Was war zu Beginn dieser Woche die Diskussion um die „One Love“-Kapitänsbinde, deren Tragen die FIFA dem Deutschen Fußballbund (DFB) und sechs weiteren europäischen Fußballverbänden kurz vor Beginn der WM 2022 in Katar untersagt hatte, noch so groß. Eine Diskussion um Zeichen, die angeblich gesetzt werden müssten, und Bilder, die um die Welt gehen würden. Am Ende haben elf hochbezahlte deutsche Fußballer ihre Hand vor den Mund gehalten. Weniger ein Zeichen der Zensur, denn ein Feigenblatt für den DFB.
Bei der ganzen Diskussion darf eines nicht vergessen werden: Man spricht hier in perfekt inszenierten TV-Studios über hoch bezahlte Medienprofis, die wiederum von einem Stab von Mitarbeiter:innen beraten und inszeniert werden. Vordergründig geht es hier um Sport. Tatsächlich geht es im modernen Fußball um Profite. Und diese WM in Katar macht dies mehr als deutlich.
Die Runde im Mainzer TV-Studio des ZDF beschäftigt sich vor dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die spanische Auswahl nicht noch einmal mit dem Streit um das diesjährige WM-Gastgeberland Katar und der Wahrung der Menschenrechte im Emirat am Persischen Golf.