Wirtschaftsweiser Truger: "Bundesregierung müsste Notlage erklären"
n-tv
Auch dieses Jahr wird die Wirtschaft wohl erneut schrumpfen. Das ganze, dramatische Ausmaß der Krise werde deutlich, wenn man ein paar Jahre zurückblicke, sagt der Wirtschaftsweise Achim Truger ntv.de. Die Bundesregierung habe sich in eine "sehr schwierige Lage manövriert". Noch größere Sorgen macht Truger eine andere politische Entwicklung.
Die Bundesregierung hat - wieder einmal - ihre Wachstumsprognose gesenkt. Auch dieses Jahr wird die Wirtschaft wohl schrumpfen. Das dramatische Ausmaß der Krise werde deutlich, wenn man ein paar Jahre zurückblicke, sagt der Ökonom und Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Achim Truger im Gespräch mit ntv.de. Die Bundesregierung habe sich mit ihrem Festhalten an der Schuldenbremse in eine "sehr schwierige Lage manövriert". Sorgen macht dem Wirtschaftsweisen noch eine andere politische Entwicklung.
ntv.de: Wir stecken nicht nur in einer einfachen Rezession, sondern die Bundesregierung prognostiziert jetzt auch ein zweites Jahr Rezession. Wie dramatisch ist das?
Achim Truger: Seit zwei Jahren schon wird immer wieder eine Erholung vorhergesagt. Die verzögert sich dann jedes Mal, und es wird auch schwächer und schlechter als erwartet. Laut aktuellen Prognosen steht für das laufende Jahr beim Wirtschaftswachstum schon wieder ein Minus vor dem Komma und auch fürs kommende Jahr wird nur eine schwache Erholung vorhergesagt. Man könnte sagen, das ist zwar eine ungewöhnlich lange Schwächephase, aber es ist noch nicht besonders dramatisch. Dramatisch wird es dadurch, dass die deutsche Wirtschaft seit 2019 praktisch nicht mehr gewachsen ist. Wir haben den Corona-Schock gehabt und danach die Energiekrise. Wir liegen jetzt mehr als fünf Prozent unter dem vor der Krise prognostizierten Wachstumstrend. Das ist wirklich dramatisch.
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