Will oder kann sich KZ-Wachmann nicht erinnern?
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Dreieinhalb Jahre soll er als Wachmann im Konzentrationslager Sachsenhausen gearbeitet und dabei Beihilfe zum Mord in 3518 Fällen geleistet haben: Josef S., 101 Jahre alt, wohnhaft in Brandenburg an der Havel. Ob das stimmt, kann das Landgericht Neuruppin bislang nicht klären. Denn der Angeklagte hat andere Erinnerungen. Oder nicht?
"Ich weiß ja gar nicht: Was ist die Frage?", fistelt Josef S. aufgeregt und lässt seinen normalerweise fest vor den Lippen - wie beim Schuldbekenntnis in der Kirche - verschränkten Händen freien Lauf. Der 101-Jährige gestikuliert wild umher, geradezu hilflos, so scheint es. Eine plötzliche Regung des Angeklagten, die Abwehr, Nervosität, Panik signalisiert: Ich bin doch unschuldig, was soll das, bitte tut mir nichts!
Dabei hatte der Vorsitzende Richter, Udo Lechtermann, Josef S. bloß gefragt, ob er noch eine Frage an den vernommenen Holocaust-Überlebenden Arie Waxman habe, bevor man diesen aus dem Zeugenstand entlasse. Josef S., der ansonsten recht fit wirkt und Gericht und Zuhörer mit einem klangvollen "Guten Morgen allerseits!" begrüßt hat, gibt vor, nicht zu verstehen.
Also probiert es Lechtermann erneut: "Ich hatte Sie gefragt, Herr S., ob Sie noch eine Frage an den Herrn Waxman haben?" Wieder bekommt der Richter kein Ja oder Nein. Josef S. bestätigt zwar, dass er Lechtermann über seinen Kopfhörer hören kann, doch eine Antwort auf die gestellte Frage gibt er ihm nicht. Schließlich antwortet sein Verteidiger für ihn; Herr S. habe keine Frage mehr an Herrn Waxman.
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