Wie töricht sich Männer anstellen können
Süddeutsche Zeitung
Große Börsenkonzerne müssen laut Gesetz eine Frau in den Vorstand berufen. Bei Deutz entspann sich daraufhin eine Posse. Nun müssen die streitenden Top-Manager abtreten.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, was sich bei der Deutz AG gerade hochgeschaukelt hat: In der Kölner Firma, die schwere Dieselmotoren für Bagger oder Trecker baut, debattierten vor allem Männer auf höchster Ebene über die neue, gesetzliche Frauenquote für Vorstände. Dieser Streit, für die Nachwelt festgehalten in zuweilen bösen Mails, eskalierte nun derart, dass zwei Spitzenmänner ihre Posten verlieren: der Vorstandschef und der Aufsichtsratsvorsitzende.
Damit gewährte Deutz, gegründet im Jahr 1864, einen seltenen Einblick darin, wie arg manche Industriekonzerne - gewiss nicht alle - mit dem zweiten Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) ringen, das der Bund voriges Jahr beschlossen hat. Demnach müssen börsennotierte und mitbestimmte Unternehmen mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern bei nächster Gelegenheit mindestens eine Frau in das Leitungsgremium berufen, sofern noch nicht geschehen. Das, sagen manche, sei im konkreten Fall gar nicht so leicht.
Es ist Samstag, kurz nach 20 Uhr, im Fernsehen beginnen die einschlägigen Unterhaltungsshows, als Deutz den Showdown mitteilt: Vorstandschef Frank Hiller scheidet "mit sofortiger Wirkung" aus, der Aufsichtsrat habe den 55-Jährigen einstimmig abberufen. Ein Grund wird in der Mitteilung nicht genannt. Von unüberbrückbaren Differenzen ist die Rede. Klar ist, dass der Abschied teuer wird: Hiller hatte erst voriges Jahr einen neuen Vertrag bis Ende 2026 unterschrieben.
Die IG Metall, die mit mehreren Männern und Frauen im Aufsichtsrat der Firma mitredet, wird da schon deutlicher: Die Gewerkschaft nennt es einen Machtkampf, der zwischen Hiller und Aufsichtsratschef Bernd Bohr ausgebrochen sei. Ausgangspunkt sei die Umsetzung des FüPoG II gewesen. Mit der Abberufung sei nun ein Neuanfang möglich, betont die Arbeitnehmerseite: "Das Unternehmen kann sich wieder darauf konzentrieren, Motoren zu verkaufen, zu bauen und zu entwickeln und beschäftigt sich nicht mehr mit sich selber."
Was heute Machtkampf heißt, zeigte sich etwa kurz vor Weihnachten 2021, als Hiller einen kritischen Brief an den gesamten Aufsichtsrat schickte. Darin nahm Hiller Ideen des Gremiums um Bohr auseinander. Man könne diese "eher als Umgehung einer aktiven Förderung von Frauen im Vorstand" interpretieren, mahnte Hiller.