
Wie Long Covid die Sportkarriere beeinflusst
DW
Long Covid beeinträchtigt das Leben vieler Sportler nachhaltig - auch das von Top-Ruderin Marie-Sophie Zeidler. Die Wissenschaft versteht die Krankheit zwar immer besser, eine Patentlösung gibt es aber noch nicht.
Das Training ist intensiv, die Konzentration bei Marie-Sophie Zeidler auf die Olympischen Spiele in Paris 2024 ausgerichtet. Allerdings hat die deutsche Top-Ruderin in diesen Tagen und Wochen wieder mit einem Gegner zu kämpfen, der nicht so richtig einzuschätzen ist. Die 24 Jahre alte Spitzenathletin, jüngere Schwester von Einer-Doppelweltmeister Oliver Zeidler, hat sich vor gut vier Wochen zum zweiten Mal nach Oktober 2020 eine Corona-Infektion zugezogen. Damals hatte sich ihr Lungenvolumen auf nur noch 60 Prozent Leistungsfähigkeit reduziert, heute muss sie einen Verlust von gut 25 Prozent verkraften. "Es ist extrem erschreckend zu sehen, wie schnell der Körper abbauen kann, obwohl man ja eigentlich fit ist", sagt Zeidler der DW.
Sechs Monate kämpfte sie nach ihrer ersten Infektion mit Long-Covid-Symptomen wie schneller körperlicher Erschöpfung, Müdigkeit und anderen unerfreulichen Begleitumständen, ehe sie wieder ihre alte Leistungsfähigkeit erreichte. "Jetzt ist die Medizin ja vorangeschritten und es gibt Medikamente", sagt Zeidler, die als Polizistin beschäftigt ist. Die Anti-Covid-Medizin habe ihr geholfen, nun gehe alles schneller. Daher hofft die Leistungs-Ruderin, deutlich zügiger wieder dauerhaft zur alten Form finden zu können. "Aber ob die Zeit ausreicht und die Olympischen Spiele wirklich noch realistisch sind, wird man erst noch sehen", so Zeidler, die sich in Wettkämpfen erst noch für dieses Großevent qualifizieren muss.
"Auch wenn wir als Wissenschaft diese Erkrankung immer besser verstehen - es gibt nicht eine alleinige Methode, wie man Long Covid bekämpfen könnte. Wir reden hier von 200 verschiedenen Symptomen, die man unterscheiden muss", sagt Wilhelm Bloch, Leiter der Abteilung für molekulare und zelluläre Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln, der DW. Er und seine Kollegen nähern sich allerdings immer besseren Lösungsansätzen und Behandlungsmethoden. Bloch lässt allerdings keine Zweifel aufkommen, wie ernst Long Covid ist. Rund sechs Prozent der betroffenen Aktiven könnten ihren Sport gar nicht mehr ausüben, so der Sportwissenschaftler: "Es gibt Einzelfälle im Post-Covid-Bereich, die sind halt dramatisch."
Oftmals werde bei Long Covid das Fatigue-Syndrom beobachtet - anhaltende Müdigkeit, tiefe Kraftlosigkeit und fehlender Antrieb, so dass der normale Alltag kaum mehr zu bewältigen sei. So hatte es auch Marie-Sophie Zeidler erlebt. "Man muss sich immer jeweils an den individuellen Beschwerden der Patientin oder des Patienten orientieren, das ist ganz wichtig", sagt Bloch. Das mache die Behandlung oftmals so anspruchsvoll und manchmal auch kompliziert.
Beim TSV Bayer 04 Leverkusen arbeitet Reha-Trainer Hans-Peter Gierden in eigens entwickelten Kursen daran, dass Long-Covid-Patienten nach und nach wieder auf die Füße kommen. "Viele Leute können sich nicht konzentrieren, einige haben Gleichgewichtsstörungen. Und es ist immer das Fatigue-Syndrom dabei", sagt Gierden. "Die Kunst ist es, den Teilnehmenden nicht zu überfordern und die Übungen richtig zu dosieren."