Wie lange Coronaviren wirklich ansteckend sind
RTL
Wie lange sind Coronaviren an der frischen Luft und in Innenräumen ansteckend? Und welche Rolle spielt die Luftfeuchtigkeit? Das wissen diese Wissenschaftler.
Ob die Gastronomie, Fußballvereine oder Schulen – niemand hält sich für einen Pandemie-Treiber. Doch wo, wann und wie stecken sich die Menschen an? Wissenschaftler der Universität Bristol haben herausgefunden, dass vor allem Abstand halten in Innenräumen wichtiger ist als gedacht.
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Schon lange ist klar, dass man sich in Innenräumen mit dem Coronavirus leichter ansteckt als draußen an der frischen Luft. Die Hauptrolle bei der Verbreitung des Virus spielen Aerosole – auch das ist unumstritten, sagt der Aerosol-Experte Gerhard Scheuch im ntv-Podcast "Wieder was gelernt". Wo genau die Infektionen stattfinden, könne man aber so genau nicht bestimmen. Die wenigsten Menschen können genau sagen, wann sie sich wo infiziert haben. "Über 75 Prozent der Infizierten wissen das nicht. Man weiß aber, dass unbelüftete Innenräume sicherlich der Pandemie-Treiber sind, wenn darin viele Menschen zusammenkommen, gemeinsam feiern", sagt Scheuch.
Wissenschaftler des Aerosol Research Center der Universität Bristol haben das Phänomen jetzt genauer untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass ein Großteil der Coronaviren in Innenräumen schon nach ein paar Minuten ihre Ansteckungskraft verliert. Die Forscher konzentrierten sich bei ihrer Untersuchung auf die drei früheren Virusvarianten, erwarten aber nicht, dass sich Omikron-Viren großartig anders verhalten.
Die Studie legt nahe, dass die Viruspartikel nach dem Ausatmen schnell an Wasser verlieren und austrocknen. Dadurch können die Viren nicht mehr so leicht menschliche Zellen infizieren. Wie schnell die Partikel austrocknen, hängt nach Aussagen der Wissenschaftler von der Luftfeuchtigkeit ab. Liegt die Luftfeuchtigkeit bei unter 50 Prozent – so wie in trockenen Büros – verlieren schon innerhalb von fünf Sekunden die Hälfte der Viren ihre Infektiosität. Bei einer Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent – zum Beispiel in Duschräumen – sind auch nach fünf Minuten noch etwas mehr als die Hälfte der Virenpartikel ansteckend.
Nach 20 Minuten sind dann – egal wie hoch die Luftfeuchtigkeit ist, ob Büro oder Duschraum – jeweils nur noch ein geringer Teil von etwa 10 Prozent ansteckender Viren übrig. Bisher sei man in der Wissenschaft davon ausgegangen, dass "Luftfeuchten zwischen 20 und 40 Prozent sehr angenehm für das Virus sind", erklärt Experte Scheuch. "Die Forscher in Großbritannien haben jetzt aber herausgefunden, dass hohe Luftfeuchten für das Virus sehr günstig sind."
Die britischen Aerosolforscher haben ein eigenes neues Gerät entwickelt, dass das Ausatmen, Aushusten oder Aussprechen von Aerosolen realitätsgetreu nachahmt. In dem Apparat schweben virusbeladene Aerosole in einem elektrischen Feld. So sei zum ersten Mal überhaupt simuliert worden, was mit Aerosolen passiert, wenn diese aus dem Mund austreten. Bisher wurden vergleichbare Studien nur auf Basis von Aerosolen durchgeführt, die in ein spezielles Gerät gesprüht wurden.
Man habe eine "sehr komplizierte Messmethode" angewandt, die allerdings noch "validiert" werden müsse, sagt Scheuch. "Es ging darum, festzustellen, ob diese Viren noch ansteckend sind. Man findet oft Virenbruchstücke in der Luft, weiß aber nicht genau, ob sie noch infektiös sind oder nicht."