Wie Fetisch-Mode alltagstauglich wurde
Die Welt
Harnische zum Seidenkleid oder Ösengürtel zum Bleistiftrock: Gleich mehrere Designer kombinieren in dieser Saison Klassiker mit Fetisch-Mode. Das hat auch mit dem gerade verstorbenen Designer Thierry Mugler zu tun.
Bei Prada hat man dem Model in der rosa Seidenrobe eine lederne Gürtelschnalle straff um den zierlichen Oberarm gezurrt. Bei Courrèges stiefeln sie in Lack-Overknees und Berghain-Mänteln über den Laufsteg und bei Hermès muss man sich zwangsläufig fragen, ob die Pariser Grande Dame als typische Stammkundin bei diesem scharf geschnittenen Etuikleid aus Leder keine Schnappatmung bekommt. Fetisch-Mode versteckt sich nicht mehr in der Nischenecke, sondern wird nun als Alltagsgarderobe auf der Straße getragen. Kinky Kleidung ist erwachsen, man könnte sogar sagen, elegant geworden.
Und das ist wohl auch dem Modeschöpfer Thierry Mugler zu verdanken, der in der letzten Januarwoche überraschend starb. Sein modisches Erbe lässt sich auf eine einfache Formel bringen: die Frau als Fetisch. In ästhetischer Hinsicht mag man von seinem Werk halten, was man will, doch der Show-Couturier schreckte nie vor einem Skandal zurück. Und es war ihm ein Anliegen, dass Frauen es ihm gleichtaten. Also stattete er seine Models schon in den Achtzigern mit provokanten Supergirl-Kostümen aus. In den Neunzigern waren diese bevorzugt aus schwarzem Leder.