
Wie die EU Zwangsarbeit bekämpfen will
DW
Menschenrechtsorganisationen warten schon lange darauf, dass die EU Zwangsarbeit effektiver bekämpft. Jetzt hat die Europäische Kommission einen Vorschlag vorgelegt. Doch geht er weit genug? Aktivisten bezweifeln das.
Vermutlich sind Sie bislang davon ausgegangen, dass Produkte, die Sie in der Europäischen Union gekauft haben, frei von Zwangsarbeit sind. Doch mit dieser Annahme können Sie durchaus daneben liegen. Das will die Europäische Kommission ändern. Nachdem bereits verschiedene Versionen an die Öffentlichkeit gelangt waren, stellte sie nun einen Vorschlag für eine neue Verordnung vor, die den Kauf oder Verkauf von Produkten, die mithilfe von Zwangsarbeit hergestellt wurden, auf dem EU-Markt verbieten soll. Sowohl Arbeitsrechtsorganisationen als auch Unternehmen begrüßten den Vorschlag weitgehend. Kritiker weisen jedoch auf Mängel hin.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union im September 2021 ein solches Verbot in Aussicht gestellt. "Wir können niemals hinnehmen, dass [Menschen] gezwungen werden, Produkte herzustellen - und dass diese Produkte dann in Geschäften hier in Europa landen", sagte sie damals.
Laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation sind weltweit 27,6 Millionen Menschen von Zwangsarbeit betroffen - 2,7 Millionen mehr als noch vor fünf Jahren. Von Zwangsarbeit spricht man, wenn Menschen durch Gewalt oder Einschüchterung oder auch zur Begleichung von Schulden zur Arbeit gezwungen werden. Weltweit ist Zwangsarbeit in vielen Bereichen üblich, von der Fertigung bis zum Bergbau.
Ein Jahr nach von der Leyens Ankündigung, stößt der Entwurf jedoch auf wenig Begeisterung. "Von Anfang an scheint man mit diesem Vorschlag nicht sehr viel Ehrgeiz entwickelt zu haben", sagt Christopher Patz, politischer Referent bei der European Coalition for Corporate Justice, einem Zusammenschluss zahlreicher Nichtregierungsorganisationen. Es sei eine Schande, dass es so lange gedauert habe, denn schon seit mehr als zehn Jahren setzten sich Gruppen für einen solchen Vorschlag ein.
Unter der vorgeschlagenen Verordnung könnte jeder, der Zwangsarbeit vermutet, eine Beschwerde bei der jeweiligen nationalen Behörde einreichen, die für die Überwachung von Importen in diesem EU-Land zuständig ist. Diese Behörde könnte verhindern, dass das Produkt in die EU eingeführt wird oder es sogar vernichten. Die Verordnung soll alle Produkte abdecken und würde auch die Einrichtung einer öffentlichen Datenbank umfassen, die Hinweise darauf gibt, wie wahrscheinlich der Einsatz von Zwangsarbeit in einer bestimmten Region ist.