Wie der "mickrige" Lienen den Rebellen hoffähig machte
n-tv
Ewald Lienen wollte schon immer lieber "als mickriger, kleiner Mensch" geachtet werden denn als prominenter Fußballprofi. Als streitbarer Mensch, der mit seiner Meinung und Haltung aneckte, nahm er stets eine besondere Rolle ein. Heute feiert der "Rebell" seinen 70. Geburtstag.
"Ich fühlte mich manchmal wie im Rausch und war dankbar für das, was ich erlebte." Ewald Lienen konnte an diesem letzten Spieltag der Saison 2014/15 selbst kaum fassen, was da gerade mit ihm und um ihn herum passierte. Erst im Dezember zuvor hatte er damals die Mannschaft des FC St. Pauli übernommen - und nun, wenige Monate später, feierte er mit seinem Team den zur Winterpause fast nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalt in der zweiten Liga.
Nach dem Spiel an diesem Tag in Darmstadt riss ihn sein Präsident Oke Göttlich aus einem Live-Interview und die beiden zwängten sich in eine überfüllte Straßenbahn, um noch einen Sonderzug mit den eigenen Fans zurück nach Hamburg zu erreichen. "Auch das war St. Pauli", schreibt Ewald Lienen rückblickend in seinem Buch "Ich war schon immer ein Rebell".
Damals, als er die Millerntor-Kicker auf den letzten Metern vor dem Sturz in die Drittklassigkeit bewahrt hatte, hielt er bei einer Pressekonferenz für einen Augenblick inne und fragte in die Runde der neugierigen Journalisten: "Warum erst jetzt? Warum bin ich erst jetzt, so kurz vor dem Ende meiner Karriere, beim FC St. Pauli gelandet, obwohl doch jedermann schon viel früher hätte erkennen müssen, dass diese Konstellation einfach wie geschaffen füreinander ist?" Tatsächlich kann man sagen: Ewald Lienen hatte sich vierzig Jahre, seit seinem Start ins Profileben damals im Jahr 1974 bei Arminia Bielefeld, auf diesen Job beim FC St. Pauli vorbereitet. Eine Kombination, die man besser nicht erfinden kann.