
Widerständige Kreative
Frankfurter Rundschau
Die Demokratie braucht die Kunst. Und die wiederum braucht ein kulturfreundliches Klima – eine Herausforderung für die Zivilgesellschaft. Die Kolumne.
Noch ein „Triell“ am nächsten Sonntag, dann ist es geschafft. Immerhin haben wir ein neues Wort gelernt, jedoch ohne dass sich den meisten Mitbürgern vor der Wahl der Erkenntnishorizont merklich geweitet hat. Die Moderation – gleich ob öffentlich-rechtlich oder privat angestellt – arbeitete ihre Themenlisten ab und man spürte schon bei den Fragen, dass sie eigentlich keinerlei Überraschungen in den Antworten erwartete.
Man hätte die Abende also auch anders verbringen können – zum Beispiel mit der Lektüre einer Feuilletonseite in der „ZEIT“. Dort las ich den Gastbeitrag von Olaf Scholz und Carsten Brosda, Hamburger Senator für Kultur und Medien, „Warum die SPD ein Bündnis von Politik und Kultur anbietet“. Das ist besser und hat mehr Substanz als ein Konzentrat aus dem bisher Triellierten.
Da geht es zunächst um den immensen Schaden, der Künstlern wie Veranstaltern und nicht zuletzt dem Publikum durch den Corona-Stillstand widerfuhr. Noch wissen wir nicht, wie vielen Kinos und Clubs die Pandemie die Existenzgrundlage entzogen hat, wie viele Künstler aufgeben mussten, weil Auftrittsmöglichkeiten und Überbrückungshilfen ausblieben. Die Autoren drücken sich nicht vor ihrer Verantwortung, das Vertrauen zwischen Kunst und Politik wiederherzustellen. Das ist nicht allein mit Sonderfonds in Milliardenhöhe zu erreichen. Es bedarf auch der Versicherung, dass die Gesellschaft die Kunst und die kulturellen Angebote wie auch die unbequemen Herausforderungen der Kreativen braucht, um des Lebens Sinn zu begreifen, der sich nicht allein im Konsumrausch finden lässt.