WHO warnt: So skrupellos machen Firmen Werbung für Babynahrung
RTL
Laut der WHO-Studie infiltrieren einige Firmen sogar Müttergruppen in den sozialen Medien, um Babynahrung zu propagieren!
Stillen ist wichtig für Kinder: Neben der Ernährungsfunktion fördert der Körperkontakt zwischen Mutter und Kind den Aufbau einer emotionalen Verbundenheit. Viele Experten sind sich daher einig: Stillen sei das Beste für Mutter und Kind. Doch einer neuen Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge sollen Firmen junge Mütter und Gesundheitspersonal mit verwerflichen Marketingmethoden manipulieren, um die Verwendung von Babynahrung nahezulegen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO wirft Herstellern von Babynahrung "skrupellose Vermarktung" vor, die gezielt Schwangere und junge Eltern verunsichere. Die Hersteller manipulierten diese und Gesundheitspersonal, hieß es am Mittwoch in einer Studie der WHO und des UN-Kinderhilfswerks Unicef. So würden irreführende oder wissenschaftlich nicht fundierte Behauptungen aufgestellt, um Mütter dazu zu bringen, Babys Säuglingsnahrung statt Muttermilch zu geben.
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Die Industrie war 2019 der Studie zufolge 55 Milliarden Dollar (48 Mrd Euro) wert. Während die Stillquote in den vergangenen 20 Jahren leicht angestiegen sei, habe sich im gleichen Zeitraum der Umsatz der Säuglingsnahrungshersteller fast verdoppelt. Es gebe rund ein halbes Dutzend große Unternehmen, sagte Nigel Rollins, bei der WHO zuständig für Mutter-Kind-Gesundheit, der Deutschen Presse-Agentur. Ihre Praktiken seien ähnlich. Einzelne Firmen werden nicht genannt.
Einer der größten Babynahrungshersteller ist der Schweizer Konzern Nestlé. Er teilte auf Anfrage mit, dass das Unternehmen schon jetzt in 163 Ländern nicht für Nahrung für Babys unter zwölf Monaten werbe. Bis Jahresende werde alle Werbung weltweit für Babynahrung bis zum sechsten Lebensmonat gestoppt. "Nestlé unterstützt die Annahme von Gesetzen über das Marketing von Babynahrung in allen Ländern", teilte das Unternehmen mit. Nur 25 Länder hätten den Verhaltenskodex von 1981 über die Vermarktung von Babynahrung weitgehend umgesetzt, hatte die WHO 2020 berichtet. Deutschland gehört nicht dazu.
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Es gehe der WHO nicht darum, Babynahrung aus den Verkaufsregalen zu verbannen, betonte Rollins. Manche Säuglinge brauchten diese Nahrung. In der Studie gehe es nur um Vermarktungsmethoden, die Mütter, die eigentlich stillen wollten und könnten, manipulierten. "Soll die Geburt eines Kindes wirklich eine Angelegenheit für kommerzielle Geschäfte sein?", sagte Rollins. Die Studie vergleicht die Vermarktung von Säuglingsnahrung mit der von Tabak oder Glücksspielangeboten, "bei denen der Verkauf Vorrang vor der Gesundheit und Entwicklung des Kindes hat", wie es heißt.
Firmen starteten oder infiltrierten Müttergruppen auf sozialen Medien, um Babynahrung zu propagieren, heißt es in der Studie. Gesundheitspersonal werde etwa bei Konferenzen oder durch Broschüren mit zweifelhaften Informationen versorgt, die sie oft an Mütter weitergeben: etwa, dass Babys mit Säuglingsnahrung länger schliefen, dass Muttermilch mit der Zeit an Qualität verliere oder dass bestimmte Produkte Allergien vorbeugen könnten. Manchmal erhielten sie eine Provision von Firmen, wenn sie Kundinnen rekrutierten.