Weshalb der BMW i3 eingestellt wird
Süddeutsche Zeitung
Der i3 war das erste Elektroauto, das BMW groß auf den Markt brachte. Jetzt wird es mitten im E-Auto-Boom eingestellt. Was bleibt von dieser Revolution?
Was ist das für eine feierliche Stimmung an diesem Tag im Juli des Jahre 2013: "Das ist nicht nur ein Auto", sagt der damalige BMW-Konzernchef Norbert Reithofer. "Es ist ein revolutionärer Schritt." Der Autobauer aus München hat in eine ehemalige Fabrikhalle in New York City geladen, um den i3 vorzuführen. Ein Auto, das viel zierlicher und überhaupt ganz anders ist als der 3er, 5er oder 7er: Der erste Elektrowagen eines deutschen Herstellers soll BMW in ein neues Zeitalter führen, in dem knappe Ressourcen mehr im Blick sind als extra viele PS. "Das Auto ist perfekt für New York", sagt Reithofer - und das sieht der damalige Bürgermeister und Premierengast Michael Bloomberg genauso. Kurzum: Im Jahr 2013 ist BMW Avantgarde, ist Pionier der Elektromobilität, beinah so wie Tesla.
Nun, neun Jahre später, mitten im Elektroauto-Boom, wird der i3 eingestellt, im Juni wird der letzte Wagen in Leipzig vom Band laufen, wie BMW mitteilte. Das ist nicht nur ein Modell-Ende. Die Frage lautet auch: Wie lief das denn mit der Revolution, die von der Zeit einst "Das politische Auto" genannt wurde?
Die Ausgangsfrage damals war: Wie könnte die Autoindustrie, wie könnte BMW zu der sogenannten Dekarbonisierung beitragen? Ein kleines Team sollte ab dem Jahr 2007 ein "MCV" entwickeln, ein Mega City Vehicle. Die Zielgruppe: Großstadt-Ökos. Also so ungefähr das Gegenteil der üblichen Kunden und der üblichen Mitarbeiter. Intern wird das von Reithofer angestoßene "Project i" deshalb als "Bastelgruppe" verspottet - bis der Konzern 2009 wirklich ernst macht und aus der Formel 1 aussteigt. Das Budget erhält stattdessen das i3-Team, samt dem Auftrag: "Alles neu denken!" Das Ergebnis ist ein Wagen, der eine Batterie unter den Sitzen hat, aus Carbon und nachwachsenden Rohstoffen gefertigt ist in einer extra errichteten Fabrik - und der vor allem recht eigenwillig aussieht, eben sehr nach Öko, im Vergleich etwa zu Tesla-Modellen.
Vielleicht deshalb läuft der Verkauf sehr schleppend an, trotz der Sause in New York City. Womöglich spielt auch die Reichweitenangst eine Rolle angesichts der etwas knapp bemessenen Batterie. Die Kunden müssten sich eben gewöhnen, beschwichtigt Reithofer. Doch bald heißt es: Das Projekt ist gescheitert, zwei Milliarden Euro in den Sand gesetzt, das ist doppelt so viel wie ein herkömmliches Modell braucht. Anstatt weitere Modelle zu planen, wird das i3-Team aufgelöst, etliche gehen enttäuscht zur Konkurrenz. Projektchef Ulrich Kranz etwa leitet mittlerweile das geheime Autoprojekt von Apple, vor dem sich die ganze Branche fürchtet.
Bei BMW sagen sie: Die Zeit ist offensichtlich noch nicht reif für E-Mobilität und setzen in der Folge vor allem auf Hybrid-Technik, also Autos, die auch ein bisschen elektrisch fahren, die aber halt doch klassische Autos sind. Mit dem i3 sollte dann bereits im Jahr 2019 Schluss sein. Die verschärften CO2-Flottengrenzwerte und vielleicht auch die Klimabewegung verlängerten dem Modell noch einmal das Leben: Solch ein ungewöhnliches Fahrzeug macht sich gut im Portfolio. Doch nun ist es wirklich endgültig vorbei, und von BMW heißt es, die Kunden wünschten sich entweder ein größeres E-Auto oder eines in gefälligerem Design. Tatsächlich werden auf den i3 derzeit die höchsten Rabatte im Elektroauto-Markt gewährt, wie Autoanalyst Ferdinand Dudenhöffer festgestellt hat.