Werder ist zurück im Licht
Süddeutsche Zeitung
Abstieg? Impfpass-Skandal? Werder Bremen hat seinen Frieden gemacht mit der jüngeren Vergangenheit und befindet sich im Aufschwung. Trainer Ole Werner muss sogar Parallelen zu Klublegenden ertragen.
Der sportliche Trümmerhaufen war noch nicht ganz beiseite geräumt, die lädierten Seelen waren noch nicht genesen, als im vergangenen November eine Meldung apokalyptischen Ausmaßes in der Bremer Geschäftsstelle einging.
Sie lautete: Die Leute mögen den SV Werder nicht mehr.
In der unteren Hälfte der ersten Liga und der oberen Hälfte der zweiten Liga versammeln sich gerade Traditionsklubs, die um ihre Stellung im deutschen Profifußball ringen - mit ungewissem Ausgang. Sie alle eint ein Standortnachteil. Von Christof Kneer
Zu diesem Ergebnis war ein Meinungsforschungsinstitut gekommen, das eine Studie über die aktuellen Beliebtheitswerte aller Fußball-Bundesligisten angefertigt hatte. Und da stand es, Schwarz auf Weiß: Werder war Tabellenletzter, also noch schlechter postiert als im Endklassement der vergangenen Saison, die den Sturz in die Zweitklassigkeit zur Folge hatte. Konnte das wirklich sein? Ausgerechnet das kleine und tapfere Werder, das gallische Dorf in der Fußballrepublik, der Underdog aus Überzeugung? Dabei heißt es ja immer, die Menschen liebten den Underdog.
Werder-Sportchef Frank Baumann zweifelte damals an der Aussagekraft der Studie, er kritisierte deren Methodologie und gab dann im nächsten Halbsatz zu verstehen, dass er von Methodologie überhaupt keine Ahnung habe. Auch das passte in das Bild, das die Bremer in den vergangenen Jahren abgegeben haben: Bemüht, aber auch ein bisschen inkonsistent. Werder, der Inbegriff eines grundsoliden Fußballklubs, das Gegenmodell zum launenhaften Profimilieu, hatte so ziemlich alles verloren, was den Verein über Dekaden ausgezeichnet hatte: am Ende sogar den inoffiziellen Titel "beliebtester Zweitlieblingsklub" des Landes.