Wenn Sex zum Machtinstrument wird
n-tv
In vielen sogenannten Sekten spielt Sex eine wichtige Rolle - auf ganz unterschiedliche Weisen. Manche sind sehr freizügig, andere sehr restriktiv. Doch dahinter steckt immer das Gleiche: Es geht um Macht und Kontrolle.
NXIVM - hinter dieser Buchstabenkombination (sprich: "Nexium") verbirgt sich die wohl bekannteste "Sex-Sekte" der vergangenen Jahre. Frauen wurden in dieser angeblichen Selbsthilfegruppe von Gründer Keith Raniere wie Sklavinnen gehalten, zum Sex genötigt und missbraucht. Bekannt wurde der Fall, als die New York Times 2017 die Machenschaften enthüllte. Dem Bericht zufolge wurden Frauen in eine geheime Schwesternschaft namens "Dominus Obsequious Sororium" (DOS) - das heißt "Herr über die gehorsamen Schwestern" -gelockt. Die Mitglieder von DOS mussten kompromittierende Informationen liefern, die als Druckmittel gegen sie verwendet wurden, und wurden sexuell ausgebeutet. Raniere wurde daraufhin zu 120 Jahren Haft verurteilt.
So tragisch der Fall von NXIVM ist, er ist nur eines von zahlreichen Beispielen dafür, dass Sex in problematischen (religiösen) Gruppen, sogenannten Sekten, oft eine sehr prominente Rolle spielt. Und zwar in zwei Richtungen, die gegensätzlicher kaum sein könnten: Entweder dreht sich alles um Sex oder es ist ein absolutes Tabu-Thema, das enorm restriktiv reguliert wird. In beiden Fällen geht es jedoch um das Gleiche: um Macht und Kontrolle.
Sex ist für viele Menschen ein sehr intimes Thema - und zugleich ist Sexualität ein starkes, menschliches Grundbedürfnis. Entsprechend machtvoll ist es, wenn sie stark kontrolliert wird. Gerade in Gruppen, die eine vermeintlich freizügige Sexualmoral vertreten, ist Sexualität zugleich ein starkes Kontrollinstrument. Anführer solcher Gruppen (es sind in der Tat zumeist Männer) beanspruchen häufig das exklusive Recht, sexuelle Beziehungen mit bestimmten Mitgliedern zu haben. Das schafft eine besondere emotionale Bindung, ein Gefühl der Exklusivität und Abhängigkeit.