
Wenn Energie immer teurer wird
DW
Die Energiepreise sind 2021 regelrecht explodiert und haben Tanken und Heizen spürbar teurer gemacht. Ein Grund dafür ist die Erholung der Weltwirtschaft. Doch auch die Politik dreht weiter an der Preisspirale.
Vielen Erdgaskunden flatterte kurz vor Jahresende ein Brief ihres Versorgers ins Haus, in dem saftige Preiserhöhungen für das nächste Jahr angekündigt wurden. Für die Glücklichen unter Deutschlands Gaskunden wird es "nur" zehn Prozent teurer. Wer weniger Glück hat oder einen ungünstigen Vertrag, der muss 20 oder sogar 30 Prozent mehr bezahlen, um es in der kalten Jahreszeit warm in seiner Wohnung zu haben.
Selten ließ sich die Erholung der Weltwirtschaft nach einem Konjunktureinbruch so deutlich an den Preisen für die wichtigsten Energieträger ablesen wie 2021. Je besser die Konjunktur in den beiden weltweit größten Volkswirtschaften USA und China lief, umso mehr schossen die Preise für Öl und Gas in die Höhe. Und es sind vor allem die Preise für Energie, die in den USA und Europa die Inflationsraten in Rekordhöhen treiben. Seit Monaten markieren die aktuellen Inflationsraten neue Höchstmarken, wie man sie zuletzt aus den 1970er und 1980er Jahren kannte. Im November lag die US-Teuerung bei 6,8 Prozent, das war der höchste Wert seit Juni 1982
Besonders steil verlief 2021 der Preisanstieg beim Erdgas. Seit dem Beginn der Pandemie im März 2020 hat sich der Preis an den Terminmärkten vervielfacht. An einem der wichtigsten Gasterminmärkte, dem virtuellen Handelsplatz Title Transfer Facility (TTF) in den Niederlanden, schoss der Preis für Erdgas pro Megawattstunde (MWh) von knapp 17 Euro am 4. Januar 2021 auf zuletzt mehr als 100 Euro zur Lieferung Ende Februar. Das war ein Rekord-Anstieg von fast 500 Prozent. Zum Vergleich: Normalerweise bewegt sich der Preis für eine MWh im langjährigen Mittel zwischen 15 und 20 Euro. Aber der Blick auf die Notierungen für Liefertermine nach der Heizsaison zeigt, dass diese Zeiten erstmal vorbei sind: Mit Preisen von fast 60 Euro für Lieferungen Ende Juni bleibt Erdgas auch im Sommer 2022 dreimal so teuer wie im langjährigen Durchschnitt.
Wie hypernervös die Gas-Märkte auf die Mischung aus Verknappung und geopolitischen Stressfaktoren in Osteuropa nach wie vor reagieren, zeigt sich immer wieder besonders drastisch an den Spotmärkten. Hier werden gegen sofortige Bezahlung Rohstoffe zur kurzfristigen Lieferung gehandelt. Mit 175 Euro pro MWh markierte am 20. Dezember der Spot-Preis für Erdgas am europäischen Leitmarkt TTF ein neues Allzeithoch .
Auch Erdöl wurde im Laufe des Jahres deutlich teurer. Ende 2020 hatte ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent noch knapp 52 Dollar gekostet. Ein Jahr später, am 9.Dezember, mussten 75 Dollar dafür bezahlt werden. Das ist zwar ein heftiges Preisplus, ist aber immer noch erschwinglicher als die über 86 Dollar, die ein Barrel Brent Ende Oktober 2021 kostete und damit ein neues Dreijahreshoch markierte. Das Internationale Energieforum (IEF) mit Sitz im saudischen Riad geht davon aus, dass schon im zweiten Halbjahr 2022 die Nachfrage nach dem schwarzen Schmierstoff der Weltwirtschaft wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreichen wird. Die Nachfrage bleibt also hoch - es sei denn, neue Virusvarianten führen zu großen Lockdowns in China und die Nachfrage nach fossilen Energieträgern geht so stark zurück, dass die Preise erneut einbrechen. Schließlich verfolgt das Reich der Mitte nach wie vor eine Zero-Covid-Strategie und hat bisher ohne zu Zögern riesige Containerhäfen, Fabriken und ganze Regionen unter Quarantäne gestellt und in den Lockdown geschickt.