
Wenn das Herpesvirus erwacht
DW
Einmal mit einem Herpesvirus infiziert, schlummert es im Körper und wartet auf die nächste Chance. Forscher haben nun entdeckt, wie sich das Virus reaktiviert. Das könnte auch für die Long-COVID-Forschung wichtig sein.
Die Windpocken sind ein anschauliches Beispiel. Verursacher der juckenden Hautbläschen ist eines der neun bekannten Herpesviren, die den Menschen infizieren und krank machen können, das Varizella-Zoster-Virus. Es ist weltweit verbreitet und vor allem als Kinderkrankheit bekannt. Meistens stecken die Kleinen die Infektion gut weg, ein paar Narben bleiben vielleicht vom Kratzen. Und das Virus, das bleibt auch.
Die Varizella-Zoster-Variante des Herpesvirus richtet sich in den Nervenzellkörpern ein, den sogenannten Ganglien. Es kann Jahre oder Jahrzehnte später wieder erwachen und sich in Form einer Gürtelrose zurückmelden.
Neben dem Varizella-Zoster-Virus gehören zur Familie der Herpesviren auch die Herpes-simplex-Viren des Typs 1 und 2. Sie sind weltweit bekannt, weil sie für die schmerzenden Lippenbläschen und Genitalherpes verantwortlich sind. Auch das Cytomegalievirus ist weit verbreitet und kann vor allem bei immunsupprimierten Menschen zu schweren Komplikationen und Schädigungen von Organen führen.
Das Epstein-Barr-Virus und das Kaposi-Sarkom-assoziierte Herpesvirus wiederum können Tumore verursachen. Die Humanen Herpesviren 6 (häufig noch unterteilt in A und B) und 7 sind ebenfalls weit verbreitet und lösen beispielsweise das als Kinderkrankheit bekannte Dreitagefieber aus.
"Das Wichtigste an Herpesviren ist, dass sie nach der Primärinfektion ein Leben lang latent im Körper bleiben", sagt Lars Dölken, Virologe an der Universität Würzburg. Dölken nennt damit die wichtigste Gemeinsamkeit dieser Viren-Familie. Er möchte gemeinsam mit Forscherkollegen verstehen, welcher Mechanismus hinter dem plötzlichen Erwachen der Pathogene steckt und hat dafür das Humane Herpesvirus 6A (HHV-6A) unter die Lupe genommen. Das Ergebnis hat das Forscherteam in einer Studie in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht: Sie entdeckten nicht weniger als einen bisher unbekannten zellulären Mechanismus, mit dem sich das Virus aus dem Schlaf holt.