Weniger Gas: Kohle als schmutzige Notlösung
DW
Auch wenn weniger Gas aus Russland kommt, sollen die Gasspeicher bis zum Winter gefüllt werden. Die Lösung: Gas soll nicht länger der Stromproduktion dienen. Die Alternative: klimaschädliche Braun- und Steinkohle.
Es sei eine "Art Armdrücken", bei dem Kremlchef Wladimir Putin zunächst den längeren Arm habe, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Bezug auf die Versorgungssituation mit Gas in Deutschland. "Aber das hießt nicht, dass wir nicht durch Kraftanstrengung den stärkeren Arm bekommen könnten", so Habeck. Wie lange befürchtet, fließt inzwischen erheblich weniger Gas aus Russland nach Deutschland.
Solche Kraftanstrengungen werden nun ganz schnell in die Wege geleitet. Oberstes Ziel dabei ist, dass die Gasspeicher bis zur kalten Jahreszeit weiter aufgefüllt werden. Derzeit liegt der Füllstand bei 57 Prozent, bis zum 1. Oktober soll er bei 80 Prozent und bis Anfang November bei 90 Prozent liegen. Um die Speicher trotz geringerer Gaszufuhr weiter füllen zu können, muss der Gasverbrauch reduziert werden.
Noch wird rund 16 Prozent des Stroms in Deutschland in Gaskraftwerken produziert. Das ließe sich kurzfristig ändern. Zwar können erneuerbare Energien, mit denen rund 42 Prozent des Stroms erzeugt wird, nicht schnell ausgebaut werden, aber die Stromerzeugung in Braun- und Steinkohlekraftwerken ließe sich hochfahren. Zur Stromgewinnung sind derzeit noch 151 Kohle-Kraftwerksblöcke in Deutschland am Netz.
Das Aus für den Ausstieg aus der Kohle soll das jedoch nicht sein. Erst vor zwei Jahren hatte die deutsche Regierung festgelegt, dass bis 2038 Schluss sein soll mit Kohlekraftwerken. Inzwischen wird sogar ein früherer Ausstieg aus der Kohle bis 2030 angepeilt. Auch wenn nun kurzfristig mehr Kohle verfeuert werden soll, will Habeck an beiden Zielen festhalten.
Vorerst sollen nun aber Kohlekraftwerke genutzt werden, die zur Zeit nur eingeschränkt verfügbar sind, eigentlich demnächst stillgelegt werden sollten oder sich in einer Reserve befinden. Die Regierung will beispielsweise, dass die sogenannte Netzreserve, also Kraftwerke, die eigentlich für Notfälle vorgesehen sind und nicht Teil des regulären Strommarktes, jetzt Strom produzieren.