Was wird aus den russischen Museumsleihgaben in Paris?
DW
Mehr als eine Million Besucher haben die "Sammlung Morozov" in der Pariser Fondation Louis Vuitton bewundert. Ihre Rückkehr nach Russland ist vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs ein logistisches Problem.
Picasso, Gauguin oder Renoir, um nur einige zu nennen - die "Sammlung Morozov" umfasst insgesamt rund 200 Werke einiger der bekanntesten europäischen Maler. Zudem wichtige Werke russischer Künstler. Erstmalig war diese außergewöhnliche Sammlung außerhalb Russlands zu sehen. Der Publikumsansturm war enorm: Laut Angaben der privaten Louis Vuitton Stiftung besuchten bis Anfang Februar mehr als eine Million Menschen das Museum am Rande von Paris, um die Werke zu bestaunen.
Am 3. April endet nun die bereits verlängerte Ausstellung "Die Sammlung Morozov: Ikonen der modernen Kunst" und stellt die französischen und russischen Kuratoren vor diplomatische und in erster Linie logistische Probleme: Wie sollen die Werke in die drei russischen Museen - die staatliche Eremitage in Sankt Petersburg, das staatliche Puschkin-Museum der Schönen Künste und die staatliche Tretjakow-Galerie in Moskau - zurückgebracht werden? Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine haben die meisten europäischen Länder russischen Fluggesellschaften den Zugang zu ihrem Luftraum untersagt, und auch Russland hat Flugverbote gegenüber dem Westen verhängt.
Auch eine Rückführung per LKW sei kompliziert, hieß es seitens der Fondation Louis Vuitton. In Abstimmung mit den jeweiligen russischen Institutionen prüfe man, was zu tun sei, wenn es "ein Problem" beim Grenzübertritt gäbe, so Jean-Paul Claverie, Sonderberater von Bernard Arnault, dem Vorsitzenden der Louis Vuitton Stiftung im Interview mit der New York Times. Olga Ljubimowa, die Leiterin des russischen Kulturministeriums, sagte bei einer Pressekonferenz in dieser Woche, dass ein "Fahrplan" für die Rückgabe der in Europa befindlichen Kunstgegenstände aufgestellt worden sei. Zu den näheren Umständen ist jedoch nichts bekannt. Es sei gut möglich, dass die Werke zunächst in den Räumlichkeiten der Louis Vuitton Stiftung zur Aufbewahrung blieben, hieß es von beiden Seiten. Die Sicherheit der Gemälde stehe an oberster Stelle.
Die Gemälde stammen aus einer historischen Privatsammlung: Um die Wende des vergangenen Jahrhunderts kauften die Brüder Mikhail und Ivan Morozov Werke bedeutender europäischer Künstler wie Gauguin oder Cézanne an. Als das russische Zarenreich 1918 zusammenbrach, wurde die Sammlung verstaatlicht. Zunächst sollte sie Teil des Museums für moderne westliche Kunst werden, doch Stalin, der europäische Kunst verachtete, ließ es 1948 schließen. Die Werke wurden auf das Moskauer Puschkin-Museum und die Eremitage in Leningrad - heute Sankt Petersburg - verteilt. Aus wirtschaftlichen Gründen veräußerte der sowjetische Staat auch mehrere Werke, darunter Van Goghs "Café de Nuit" (heute in der Sammlung der Yale University) und Cézannes "Porträt von Madame Cézanne" (heute im Metropolitan Museum in New York).
Die Ausstellungseröffnung im vergangenen September wurde als diplomatisches Großereignis gefeiert: Der französische Präsident Emmanuel Macron sowie die russische Kulturministerin Olga Ljubimowa wohnten der Eröffnung bei.