Warum sich Moskau mit Norwegen streitet
n-tv
Dank eines 100 Jahre alten Vertrags darf Russland auf Spitzbergen Kohle abbauen. Die wenigen Menschen, die dort leben, müssen jedoch von dem Festland aus versorgt werden. Moskau wirft Norwegen eine Blockade vor, dabei ist der Hafen weiterhin geöffnet.
Wirklich viele Menschen leben in Barentsburg nicht. In der Bergarbeitersiedlung auf der norwegischen Insel Spitzbergen waren Ende 2020 gerade einmal 455 Menschen beheimatet. Früher wurde dort Kohle abgebaut, heute lebt die ehemalige Arbeitersiedlung eher vom Tourismus. Die meisten, die dort wohnen, sind russischer oder ukrainischer Herkunft. Denn auch wenn Spitzbergen zu Norwegen gehört, die Gemeinde ist seit Beginn der 1930er-Jahre erst in sowjetischem, später russischem Besitz. Ein bisschen Kohle fördert das russische Staatsunternehmen Arktikugol dort immer noch.
Und nun wird Barentsburg ein Fall für Diplomaten. Auslöser des Streits ist eine russische Lkw-Lieferung von Lebensmitteln, die nach Spitzbergen hätte verschifft werden sollen. Die Waren sollten eigentlich über den norwegisch-russischen Grenzübergang Storskog Richtung Tromsø transportiert werden, berichtete die russische Agentur Tass. Doch zum Ärger des Kremls wurde die Lieferung am Dienstag blockiert. "Wir fordern, dass die norwegische Seite das Problem so schnell wie möglich löst", hieß es am Mittwoch aus dem russischen Außenministerium. Zudem deutete Moskau an, "dass unfreundliche Aktionen gegen Russland unausweichlich zu angemessenen Vergeltungsmaßnahmen führen werden".
Der russische Außenpolitiker Konstantin Kosachew beruft sich auf Telegram dabei auf den Spitzbergenvertrag, der 1920 in Paris unterschrieben wurde. Damit gehört die Insel zwar zum norwegischen Hoheitsgebiet. Aber allen Unterzeichnern ist es erlaubt, dort nicht nur Kohle abzubauen, sondern auch zu fischen, zu jagen und eben Güter hin- und zurückzutransportieren. Den letzten Punkt des Abkommens sieht Kosachew verletzt. Er wirft den norwegischen Behörden "unmoralisches" Verhalten vor, weil sie angeblich versuchten, russische Bergleute ohne Nahrung zurückzulassen. Unterstützung bekommt er von einem weiteren Mitglied aus dem russischen Föderationsrat. Andrei Klischas geht sogar einen Schritt weiter und stellt die Souveränität Norwegens über Spitzbergen infrage.