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Warum Israel im Ukraine-Krieg die Flucht nach vorne ergreift
Frankfurter Rundschau
Ukraine-Krieg: Zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln, ist für Jerusalem fast eine Überlebensstrategie. Denn Russland ist durhc seine syrische Präsenz plötzlich Nachbar.
Tel Aviv – Israels Versuch, den Krieg in der Ukraine zu stoppen und die Kontrahenten zum Verhandeln zu bewegen, wird nun auch von Kiew goutiert. „Noch wichtiger als Waffenlieferungen“ sei Israels Mediatorrolle, lobte der ukrainische Botschafter vor Ort die Initiative des israelischen Premierministers Naftali Bennett.
Bennett war am Samstag überraschend nach Moskau gereist, für ein dreistündiges Gespräch mit Präsident Wladimir Putin. Drei Telefonate mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und ein weiteres mit Putin folgten, zudem gab es mehrere Gespräche Bennetts mit Washington, Paris und Berlin.
Falls sich noch wer fragt, warum Israel sich so engagiert, dem gab der Himmel über Damaskus in der Nacht auf Montag Antwort: Nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus kam es zu mehreren Luftangriffen mit zwei Toten, mutmaßlich waren das die Israelis. Da aber de facto Russland den Luftraum über Syrien beherrscht, konnte der Angriff nur mit dessen Genehmigung oder wenigstens Duldung erfolgen.
Wenn Russland dank seiner Invasion vollends isoliert wird, könnte Israel diesen Kontakt auch verlieren – und wäre dann wohl mehr Angriffen von Syrien ausgesetzt. „Und Russland weiß das“, sagt die russischstämmige Nahostexpertin Ksenia Svetlova. Sie hält es für naheliegend, dass Moskau diesen Joker demnächst schon ziehen könnte. „Nicht unbedingt, um Israel zu schaden – aber um vor der Welt die Muskeln spielen zu lassen.“
Für Israel kommt diese akute Bedrohung zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Der neue Iran-Atomdeal steht in Wien kurz vor dem Abschluss. Jerusalem befürchtet, dass es dann einen neuen Schub in der iranischen Urananreicherung geben könnte. Da Russland auch in Wien mit am Tisch sitzt, ist Israel auch in dieser Hinsicht vom Kreml abhängig.