
Warum in Israel so viele Menschen schwer erkranken
RTL
Israel meldet einen Höchststand an Corona-Infizierten auf Intensivstationen. Was ist los bei dem einstigen Impfweltmeister?
Lange gilt Israel als Vorreiter in der Bekämpfung der Pandemie. Jetzt meldet das Land jedoch einen Höchststand an Corona-Infizierten auf Intensivstationen. Und auch die Todeszahlen steigen wieder. Was ist los bei dem einstigen Impfweltmeister?
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Israel scheint in der Pandemiebekämpfung alles richtig gemacht zu haben: Vor einem Jahr, mitten in der verheerenden Alpha-Welle, kaufte das Land genügend Impfstoff ein und brachte ihn in Rekordgeschwindigkeit unter die Leute. Die großangelegte Impfkampagne war ein voller Erfolg - Israel Impfweltmeister. Mit Pionierarbeit bei den Auffrischungsimpfungen wehrte die Regierung im vergangenen Spätsommer dann die Delta-Variante ab. Und als die Omikron-Welle zum Jahreswechsel einsetzte, stellte Israel als erstes Land der Welt Medizinern und älteren Menschen eine vierte Impfdosis zur Verfügung.
Doch trotz aller Bemühungen und Erfolge: Die Corona-Lage in Israel ist zurzeit schlimmer denn je. Mehr als 1.200 Patienten liegen mit schweren Symptomen auf den Corona-Stationen des Landes. Das ist die höchste Zahl an schweren Fällen in Israel seit Ausbruch der Pandemie. Tendenz steigend.
Beunruhigend ist zudem, dass auch die Zahl der Todesfälle im letzten Monat stark angestiegen ist. Daten des israelischen Gesundheitsministeriums zufolge verzeichnet das Land aktuell täglich fünf Corona-Todesfälle pro eine Million Einwohner. Anfang Januar gab es noch so gut wie gar keine. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach machte am Wochenende auf Twitter auf die hohe Omikron-Sterblichkeit aufmerksam. Dies sei darin begründet, dass in Israel noch immer zu viele Ältere ungeimpft seien. "Bisher konnten wir in Deutschland solche Sterberaten verhindern, weil ältere Ungeimpfte durch unsere Maßnahmen geschützt wurden", betonte Lauterbach.
Die Zeiten von Israel als Vorreiter und Vorbild beim Impfen sind vorbei. Mittlerweile liegt das Land bei den Zweitimpfungen sogar hinter Deutschland. Während in Israel bisher rund 65 Prozent der Gesamtbevölkerung gegen Sars-CoV-2 grundimmunisiert sind, sind es hierzulande bereits 74,5 Prozent. Bei den Booster-Impfungen liegen die Länder in etwa gleichauf: In Deutschland haben bereits 54,3 Prozent der Bevölkerung den dritten Piks erhalten, in Israel sind es 55,1 Prozent.
Vor allem die Älteren scheinen in Israel von der ansteigenden Zahl an schweren Erkrankungen betroffen zu sein. Fast die Hälfte (43 Prozent) der Todesfälle von Menschen über 60 betreffen ungeimpfte oder nur teilweise geimpfte Patientinnen oder Patienten. In ebendieser Altersgruppe sind zwölf Prozent der Menschen ungeimpft oder nur teilweise geimpft.
Die große Impflücke bei den über 60-Jährigen macht auch Deutschland zu schaffen. Hierzulande sind rund 15 Prozent dieser Altersgruppe nicht oder nur teilweise geimpft. Der Unterschied zu Israel: Bund und Länder halten viele Corona-Maßnahmen weiter aufrecht, um eben diese Menschen zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Israel fährt währenddessen einen ganz anderen Kurs. Premierminister Naftali Bennett nimmt die hohen Patientenzahlen in den Kliniken und die steigenden Todeszahlen anscheinend in Kauf: Ein erneuter Lockdown wurde ausgeschlossen. Laut Regierung soll die Lage zwar noch so gut wie möglich kontrolliert, das öffentliche Leben aber nicht eingeschränkt werden.