
Warum in Deutschland wichtige Medikamente fehlen
DW
Grippe, RS-Virus und Corona grassieren. Kinder sind zum Teil sehr krank. Nicht nur für sie fehlen wichtige Medikamente. Der Ärztekammer-Präsident hat sogar Arzneimittel-Flohmärkte als Nachbarschaftshilfe angeregt.
Ein weißes N in einem lilafarbigen Kreis - wenn Apotheker Fatih Kaynak dieses Symbol auf seinem Monitor sieht, dann weiß er, dass ein Medikament nicht lieferbar ist. "Uns fehlen Antibiotika, Schmerzmittel, aber auch Blutdrucksenker, Krebs-, Magen, und Herzmedikamente", sagt Kaynak, während er durch eine lange Liste scrollt, auf der am rechten Rand immer wieder das weiße N auftaucht.
274 Medikamente sind in der Berliner Kranich-Apotheke aktuell nicht lieferbar. "Vor allem Kinder können wir nur noch schwer versorgen", sagt Kaynak, und man merkt ihm an, dass ihn das bedrückt.
Säuglinge und kleine Kinder können keine Tabletten schlucken, daher gibt es für sie Arzneimittel in flüssiger Form. Bei Fieber und Schmerzen sind es süß schmeckende Säfte, die den Wirkstoff Paracetamol oder Ibuprofen enthalten. Mehr als zehn Millionen Packungen werden in Deutschland jährlich verkauft. Doch jetzt sind auch in der Kranich-Apotheke die Regale weitgehend leer. Probleme gibt es auch bei Penicillin- und Antibiotika-Säften.
Schon im Sommer gab es Engpässe, doch da seien die Lieferprobleme noch sporadisch gewesen, sagt der Apotheker. "Oft waren das zwei Wochen, und dann gab es wieder etwas." Aber jetzt sei die Lage wirklich schlimm. Mehrmals pro Stunde checkt Kaynak das Angebot des Medikamenten-Großhandels und lauert auf Verfügbarkeiten. "Früher sammelten wir zu bestellende Artikel im Warenkorb auf der Webseite. Jetzt schicke ich die Bestellung sofort ab, wenn ich etwas sehe."
Was nicht heißt, dass die Kranich-Apotheke die gewünschten Medikamente auch erhält. "Wenn ich 50 Packungen von einem knappen Medikament haben möchte, bekomme ich vielleicht fünf", sagt der Apotheker und scrollt auf der Suche nach Nasenspray für Kinder über den Bildschirm. "Ich habe gehört, dass es da etwas geben soll." In einem kleinen Kreis von befreundeten Berliner Apothekern gebe man sich laufend Tipps, wenn ein Medikament verfügbar ist, und helfe sich auch gegenseitig mit Arzneien aus.