Warum ich Putin hasse
n-tv
Meine Muttersprache ist Russisch, ich komme von der Krim - ich bin einer von denen, die Putin in der Ukraine angeblich schützen will. Was seine Soldaten bringen, ist nicht Schutz, sondern Vernichtung.
Ich bin nicht der Held dieser Geschichte, aber sie fängt mit mir an. 1993, kurz nach dem Zerfall der Sowjetunion, kam ich auf der Krim zur Welt - in Sewastopol, der Heldenstadt. Den Titel hatte Sewastopol nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten, weil die Stadt sich im Kampf gegen die Deutschen, wie schon im Krimkrieg zwischen Russland und dem Osmanischen Reich Mitte des 19. Jahrhunderts, in die russischen Geschichtsbücher eingeschrieben hatte - obwohl beide Verteidigungsleistungen eigentlich Heldentaten der Stadtbevölkerung und nicht des russischen Militärs waren, wie das oft vom russischen Staat verkauft wird.
Sewastopol war und ist der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte, auch 1993 war das so, zwei Jahre nach der Unabhängigkeit der Ukraine, einem Land, in dem ich mich wohlfühlte und als Jugendlicher meine Journalistenkarriere begann - damals als ein auf die Bundesliga fixierter Sportjournalist.
Als Wladimir Putin im März 2014 meine Halbinsel unter Verweis auf einen angeblich notwendigen Schutz für die russischsprachige Bevölkerung vor einem "faschistischen Putsch" in Kiew annektierte, gehörte ich zu der Minderheit in Sewastopol, die gegen diesen groben Völkerrechtsbruch war. Allein stand ich mit dieser Haltung aber nicht. Einer von denen, die wie ich die schwierige Entscheidung trafen, die Krim zu verlassen, war der Seemann Wladyslaw. Die Hälfte des Jahres verbrachte er auf den Ozeanen dieser Welt, die andere Hälfte war er zu Hause. Ich kannte ihn über einen Kommilitonen, Sohn eines russischen Offiziers, der später an zentraler Stelle an der Krim-Annexion beteiligt war. Näher kennengelernt haben wir uns erst, als ich bereits in Kiew wohnte und er sich in der nordwestlichen Vorstadt Irpin eine Wohnung kaufte. Es war eine Investition, der noch mehrere dieser Art folgten: Es war abzusehen, dass Irpin irgendwann von der Hauptstadt eingemeindet wird, das Geld schien damit gut angelegt.