War Lockdown sinnlos? Studie greift zu kurz
ZDF
Laut einer Studie der Johns-Hopkins-Universität haben Corona-Lockdowns kaum Leben gerettet und seien abzulehnen. Doch wichtige Aspekte fehlen.
Lockdown-Maßnahmen während der ersten Corona-Welle sollen in den USA und Europa kaum einen Effekt auf die Zahl der Corona-Toten gehabt haben. Zu diesem Schluss kommt ein Team von Ökonomen um Steve Hanke von der Johns-Hopkins-Universität (JHU).
"Lockdowns haben wenig bis keinen Effekt auf die öffentliche Gesundheit, verursachten enorme ökonomische und gesellschaftliche Kosten, wo sie eingeführt wurden", argumentieren die Autoren. Das klingt zunächst spektakulär - beim genaueren Hinsehen kommen aber Zweifel auf, wie belastbar so eine weitreichende Deutung ist.
Die Forscher haben in einer Meta-Analyse 24 Studien anderer Forscher ausgewertet. Je nach Studientyp hätten deren Untersuchungen ergeben, dass verordnete Lockdown-Maßnahmen lediglich eine Reduzierung der Covid-Todesrate um 0,2 bis 2,9 Prozent bewirkten - verglichen mit Ländern, in denen es lediglich empfohlene Maßnahmen der Regierung gab.
Die untersuchten Studien geben jedoch kein einheitliches Bild ab, ihre Ergebnisse variieren deutlich voneinander. Die Autoren führen etwa auch eine Untersuchung an, der zufolge Lockdowns die Todeszahlen um 35,3 Prozent gesenkt haben. Auch konkrete Einzelmaßnahmen wie die Schließung von Einzelhandel und Gastronomie oder Vorschriften zum Tragen von Masken hätten laut einzelnen Studien Todesraten spürbar senken können - um 10,6, bzw. 21,2 Prozent.
All diese Zahlen basieren letztlich auf einer kleinen Zahl an Einzelstudien, deren Ergebnisse vom Forscherteam anschließend noch gewichtet wurden. Die Untersuchung wurde lediglich auf der Webseite des JHU-Instituts veröffentlicht, nicht in einem wissenschaftlichen Journal. Andere Forscher haben sie noch nicht begutachtet. Dennoch griffen zahlreiche Medien die Studie bereits auf.
Wie hart waren die jeweiligen Lockdown-Maßnahmen in Ländern weltweit? Die Studie nutzt dafür den Covid-Stringency-Index der Universität Oxford. Dieser ist vermutlich die weltweit umfassendste Datenbank für staatliche Corona-Maßnahmen, aber nicht ohne methodische Probleme. Immer wieder wurde Deutschland dort als Land mit den härtesten Maßnahmen geführt - obwohl andere Staaten deutlich restriktiver vorgingen.
Das liegt daran, dass der Index schlecht dafür geeignet ist, regional unterschiedliche Maßnahmen abzubilden. Es wurden stets die jeweils härtesten Maßnahmen eingetragen, selbst, wenn sie nur ein einzelnes Bundesland betrafen. Das verzerrt die Daten und lässt die Maßnahmen drastischer erscheinen, als sie tatsächlich waren.