Wahlen in der Türkei: Wer sind Erdogans Verbündete?
DW
Noch fünf Wochen sind es bis zu den Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei. Der Wahlkampf ist in vollem Gange. Umfragen sagen ein enges Rennen voraus. Wer steht dem amtierenden Präsidenten Erdogan zur Seite?
Am 6. Februar haben zwei schwere Erdbeben die Türkei erschüttert. Mehr als 50.000 Menschen kamen dabei ums Leben, Tausende wurden verletzt. Hunderte gelten weiterhin als vermisst. Millionen Erdbebenopfer verließen ihre Heimat und sind in anderen Städten bei Verwandten und Bekannten vorübergehend untergekommen. Unter diesen Umständen finden am 14. Mai in der Türkei Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Die Frist, Kandidatenlisten einreichen zu können, endete an diesem Sonntag. Und zum ersten Mal geht der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nicht als Favorit ins Rennen.
Seit seinem Amtsantritt vor mehr als 20 Jahren, zunächst als Ministerpräsident dann als Staatspräsident, hat Erdogan das Land geprägt wie kein anderer Politiker zuvor. Mit jedem Sieg baute er seine Macht aus. Durch Gesetzesänderungen hat er den gesamten Staat auf seine Person zugeschnitten. Seit der Einführung des Präsidialsystems regiert er das Land de facto als Alleinherrscher. Das Parlament hat er in die Bedeutungslosigkeit verbannt. Unterstützt wird er dabei von seinen ultranationalistischen Partnern MHP und BBP.
Zwei Monate nach dem Erdbeben und einen Monat vor den Wahlen deuten fast alle Umfragen auf ein knappes Rennen zwischen dem Regierungslager und dem größten Oppositionsbündnis hin. Einige Institute gehen sogar von einer Niederlage von Erdogans Wahlbündnis aus. Auch als Präsidentschaftskandidat liegt er hinter seinem Rivalen Kemal Kilicdaroglu vom größten Oppositionsbündnis.
Doch Erdogan ist ein ausgezeichneter Taktiker. Seit 2002 hat er keine Wahl mehr verloren. Er überstand sogar langanhaltende Massenproteste wie die um den Gezi-Park 2013 und einen Putschversuch 2016. Auch jetzt weiß er sich selbst zu helfen. Der 69-Jährige baute sein Wahlbündnis "Volksallianz" aus, sicherte sich zuletzt die Unterstützung kleiner islamistischer Splitterparteien, die in einem knappen Rennen zum Zünglein an der Waage werden können.
Erdogans Wahlbündnis schloss sich zuletzt die "Neue Wohlfahrtspartei" an. Sie fordert vom Präsidenten, das Gesetz 6284 abzuschaffen. Eine Forderung, die in der Türkei für einen Aufschrei der Empörung sorgte. Denn das Gesetz 6284 verpflichtet den Staat, Frauen vor Gewalt zu schützen und ihnen notfalls auch Anonymität zu garantieren. Mindestens 234 Frauen wurden allein im Jahr 2022 Opfer von Femiziden. Darüber hinaus zählte die Plattform "Wir werden Frauenmorde stoppen" 245 weitere Verdachtsfälle. Gewalt gegen Frauen ist ein weit verbreitetes Problem in der Türkei.