
Wahl in Italien: Rechtsruck erwartet
DW
Die Rechtsextreme Giorgia Meloni hat gute Chancen mit ihrer Partei stärkste Kraft zu werden und eine rechtspopulistische Koalition zu bilden. Wird sie Europa das Fürchten lehren? Bernd Riegert berichtet.
Für die Aussagen, Adolf Hitler sei ein toller Staatsmann und Giorgia Meloni, die Vorsitzende der "Brüder Italiens", eine moderne Faschistin, wurde Calogero Pisano kurz vor der Wahl in Italien seiner Parteiämter enthoben. Calogero Pisano war Koordinator der "Brüder Italiens" in einer Region Siziliens. Eine Tageszeitung hatte seine faschistischen Posts aus den Jahren 2014 und 2016 auf Facebook ausgegraben. Die Parteiführung der Brüder Italiens reagierte schnell. Pisano wurde gefeuert, obwohl er beteuerte, sich von den alten, heute "peinlichen" Aussagen längst distanziert zu haben.
Diese Episode im Wahlkampf zeigt, dass sich Giorgia Meloni ihre neuerdings von der postfaschistischen Vergangenheit weiß gespülte Weste nicht von Provinzpolitikern beflecken lassen will. Meloni, die ihre politische Laufbahn in einer postfaschistischen Jugendorganisation begann und später zur Vorsitzenden der heute rechtsextremen populistischen "Brüder Italiens" aufstieg, arbeitet seit drei Jahren daran, sich ein moderateres Erscheinungsbild zu geben.
Die Europäische Union und die Gemeinschaftswährung will sie nicht mehr wie früher verlassen, sondern nur noch nach italienischem Willen umformen. Den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verurteilt sie, im Gegensatz zu anderen Rechtspopulisten in Europa. Sie ist für Sanktionen gegen Russland und Waffenhilfe an die Ukraine. Allerdings hält sie den Brexit, den Austritt der Briten aus der EU für richtig und hält enge Verbindung zur britischen konservativen Partei. Giorgia Meloni ist sogar Vorsitzende der "Europäischen Konservativen und Reformer", einer europäsischen Vereinigung rechtspopulistischer Parteien, zu der auch die polnische Regierungspartei PiS gehört.
Lutz Klinkhammer, Italien-Kenner am Deutschen Historischen Institut in Rom, würde Meloni nicht als Postfaschistin bezeichnen. "Ihre Anhängerschaft hat sicher noch einmal andere Einstellungen als sie selbst. Sie hat ja das Etikett 'faschistisch' abgelehnt. Ich halte das auch nicht für das Adäquate, um sie zu charakterisieren. Aber sie ist sicher jemand, die innenpolitisch auf einem sehr konservativen Kurs ist und versuchen wird, Einwanderung zu unterbinden. Sie ist eine konservative Politikerin mit einer Vergangenheit im Postfaschismus."
Meloni selbst machte sich über die Befürchtungen in Europa über eine Regierung unter rechtsextremer Führung im Wahlkampf lustig. In Brüssel habe man nur Angst davor, Pfründe und Macht zu verlieren. Die Chefin der "Brüder" unterstützt Polen und Ungarn in ihrem Streit um die Rechtsstaatlichkeit mit der EU-Kommission und dem Europäischen Gerichtshof. Viktor Orban, der ungarische Ministerpräsident, der wegen Korruption in Ungarn von der EU unter Druck gesetzt wird, könnte sich auf eine neue Verbündete im Europäischen Rat freuen.