VW entkoppelt China-Geschäft von Deutschland
n-tv
VW hat genug von Krisen und politischen Sanktionen. Jetzt kündigt der Wolfsburger Konzern an, den Automarkt in China durch schnellere und billigere Produktion zurückerobern zu wollen. Dabei deutet der zuständige Vorstand eine komplette Unabhängigkeit von deutschen Produktionsstätten an.
Volkswagen will künftig auf dem hart umkämpften Auto-Markt in China verstärkt auf chinesische Zulieferer setzen und sich damit auch vor internationalen Krisen schützen. Politische Sanktionen seien eine Herausforderung für internationale Hersteller in China, und man beobachte Krisen wie in der Ukraine oder im Nahen Osten, die die Wirtschaft beeinflussten, sagte Ralf Brandstätter, der VW-Konzernvorstand für China. Die Wolfsburger wollen ihm zufolge deshalb "in China, für China" produzieren. "Wir streben nach einer autonomen, kontrollierbaren Wertschöpfungskette", erklärte er. Volkswagen wolle dafür auf lokale Zulieferer in China zurückgreifen, um nicht mehr zu abhängig vom Import oder Export zu sein.
Doch nicht nur politische Unwägbarkeiten stecken dahinter. Die im Verbrennersegment noch starken Wolfsburger müssen auf dem E-Automarkt der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, Boden gut machen, denn chinesische Hersteller haben Volkswagen dort den Rang abgelaufen: allen voran BYD, die deutlich mehr elektrisch betriebene Fahrzeuge in China verkaufen. Volkswagen entschied deshalb, den Standort in Hefei auszubauen, eine von unzähligen Wohntürmen geprägte Provinzhauptstadt knapp 500 Kilometer westlich von Shanghai.
Binnen 2,5 Jahren stampften die Wolfsburger in der Stadt mit rund acht Millionen Einwohnern neue Produktions- und Entwicklungshallen dort aus dem Boden, wo zuvor nur ein karger Parkplatz stand. "In einem dynamischen Marktumfeld ist ein hohes Entwicklungstempo entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit", sagte Brandstätter. Will heißen: E-Auto-Käufer in China haben andere Ansprüche als in Deutschland, auch weil sie laut VW mit durchschnittlich 34 Jahren deutlich jünger und die Fahrgewohnheiten anders sind. In chinesischen Großstädten stehen Autofahrer etwa viel im Stau. Entertainment ist daher wichtiger als viele Pferdestärken.
Wie geht es für die Tausenden Beschäftigten bei VW weiter? Der Konzern plant, die Bezüge in der Krise zu kürzen. Die Arbeitnehmer kontern mit einem eigenen Zukunftskonzept. Noch gibt sich der Autobauer bedeckt, zum Start der dritten Tarifrunde mobilisiert die IG Metall zu einer großen Demonstration in Wolfsburg.