
Von Moldau bis Polen: Jodtabletten und Atombunker gegen die Angst
DW
Die Menschen in den Anrainerstaaten der Ukraine schauen besorgt auf die Eskalation im Kriegsgebiet. Droht eine nukleare Verseuchung? Oder gar ein Atomschlag aus Moskau?
Der russische Präsident Wladimir Putin hat gedroht, im Krieg gegen die Ukraine auch Atomwaffen einzusetzen. Gleichzeitig haben seine Truppen das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja besetzt. Im Westen hat das Ängste und Besorgnis ausgelöst. Wie gehen die Menschen in den direkten Nachbarländern der Ukraine mit der Bedrohung um? Wir haben Korrespondenten der DW in einigen der Anrainerstaaten gefragt und überraschende Antworten bekommen.
Es sind nur 500 Kilometer zwischen der ukrainischen Stadt Saporischschja und der Republik Moldau. Im Falle eines Atomunfalls wären die 2,5 Millionen Bürger des kleinen Landes zwischen der Ukraine und Rumänien wahrscheinlich dem nuklearen Fallout ausgesetzt. Im Sommer 2022 hat das Nachbarland Rumänien eine Million Jodtabletten für Moldau bestellt und geliefert. Sie sollen - in hoher Dosierung eingenommen - im Falle einer nuklearen Verseuchung vor Schilddrüsenkrebs schützen. Doch bislang wurden sie nicht an die Bevölkerung ausgegeben. Die Menschen sollen nicht in Panik versetzt werden, damit sie die Tabletten nicht "rein prophylaktisch" einnehmen, wovor Mediziner dringend warnen.
Stattdessen hat die moldauische nationale Gesundheitsbehörde die Jodtabletten an die Gesundheitsämter im Land weitergegeben, die sie dann im Notfall an die Hausärzte weiterreichen sollen. Damit sollen dann die Menschen unter 40 Jahren versorgt werden, denn nur sie kommen für eine Behandlung mit Jodtabletten in Frage. Älteren Menschen wird von der Einnahme abgeraten.
Über einen möglichen Atomkrieg spricht die Regierung in Chisinau nicht, um die Bevölkerung nicht in Panik zu versetzen. Denn das Land wäre darauf nicht gut vorbereitet. Immerhin hat die für Notstandsituationen zuständige Behörde einen Maßnahmenkatalog für die Bevölkerung im Falle eines nuklearen oder radioaktiven Unfalls entwickelt. Gleichzeitig wurde auch ein Videoclip mit Empfehlungen veröffentlicht. Darin wird den Menschen geraten, ihre Häuser nicht zu verlassen, die Fenster zu schließen und, falls vorhanden, in den Keller zu gehen.
Denn Bunker oder Schutzräume gibt es kaum. Selbst die Hauptstadt Chisinau, in der etwa eine Million Menschen leben, verfügt über keinen einzigen Luftschutzbunker. Die aus der Sowjetzeit übrig gebliebenen Bunker haben frühere Regierungen an Unternehmen verkauft. Sie dienen heute als Lagerraum oder wurden aufgegeben und sind jetzt im Besitz von Nagetieren.