Von der Leyen gelingt die ganz weite Umarmung
n-tv
Geschafft: Ursula von der Leyen wird vom Europaparlament erneut in das Amt der EU-Kommissionspräsidentin gewählt. Inhaltlich wagt sie den Spagat - und verteilt Bonbons an viele Parteien, von links bis rechtsaußen. Alle gewinnen ein bisschen, müssen aber auch Abstriche machen.
Richtig zufrieden ist am Ende niemand - so ist das mit demokratischen Kompromissen. Besonders kompliziert werden sie auf Ebene der Europäischen Union mit ihren 27 Mitgliedsstaaten und 200 Parteien im Europaparlament. Ursula von der Leyen ist dennoch die ganz weite Umarmung gelungen: Durch die Vorstellung ihres Programms konnte sie eine Mehrheit der Europaabgeordneten davon überzeugen, sie wieder ins Amt der Kommissionspräsidentin zu wählen. 401 Abgeordnete haben für sie gestimmt, 284 gegen sie, es gab 15 Enthaltungen. Sieben Stimmen waren ungültig. Damit erreichte von der Leyen die nötige Mehrheit von 360 Stimmen.
In der Debatte vor der Abstimmung bekam von der Leyen dennoch viel Gegenwind aus allen Ecken des parlamentarischen Spektrums. Während die französischen Liberalen positiv auf ihre Rede reagierten, kündigte die FDP bereits vor der Wahl an, von der Leyen die Stimme zu verweigern. Die Versprechen von der Leyens in ihren Leitlinien für die kommenden fünf Jahre reichten nicht aus, teilte die Vorsitzende der fünf FDP-Europaabgeordneten, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, über ihren Sprecher mit. Von der Leyen habe gemeinsamen europäischen Schulden keine klare Absage erteilt.
Auch bei den Grünen war der Frust groß. "Wenn Sie mich fragen: Ist Ursula von der Leyen eine grüne Kommissionskandidatin, hat sie uns die nötigen politischen grünen Leitlinien gegeben? Dann kann ich Ihnen sagen: nein", sagte Terry Reintke, Co-Vorsitzende der grünen Fraktion im Europaparlament. Auf der Suche nach Mehrheiten hat von der Leyen in den vergangenen Wochen auch mit den Grünen intensiv verhandelt. Das Ergebnis war für Reintke enttäuschend, ihre Fraktion sei viele "Kompromisse eingegangen". Sie deutete zwar an, dass ihre Fraktionskollegen für von der Leyen stimmen würden - allerdings eher aus einem Pflichtbewusstsein heraus: "Was entscheidend ist für mich: Es muss eine Mehrheit der pro-demokratischen Fraktionen geben in diesem Haus. Wir müssen es verhindern, dass die Rechtsextremen an die Macht kommen".