Von der Überhöhung des Fußballs als heilende Kraft
n-tv
Wann immer die Mannschaft eines Landes mit krassen gesellschaftlichen Verwerfungen ein Fußball-Turnier gewinnt, wird dem Triumph eine Art heilende Kraft zugemessen. Nun machen auch Julian Nagelsmann und Uli Hoeneß bei dem Unsinn mit.
"Frankreich feiert den Sieg mit Euphorie und neuer Zuversicht. In Jahren der Terrorangst ein wichtiges Signal für das Selbstbewusstsein und den Zusammenhalt der ganzen Nation." So hieß es in der "Tagesschau" nach dem Sieg des französischen Teams bei der Fußball-WM 2018. Zeugen der These waren junge Fans in Paris, die sagten: "Heute sind wir alle vereint." Oder auch: "Alle Kulturen, die Mannschaft repräsentiert das ganze Land. Der ganze Rassismus, alle Probleme sind für heute weg." Und morgen?
Unmittelbar nach dem Sieg Argentiniens im Finale der WM 2022 verkündete ein Reporter aus Buenos Aires im "Morgenmagazin": "Die Leute leiden seit Jahren unter einer Wirtschaftskrise, dieses Jahr über 90 Prozent Inflation", die Lage sei "viel schwieriger als bei uns in Deutschland. Und dann eben die Armut, die gestiegen ist, der hohe Schuldenberg" des Landes, den die argentinische Regierung nicht in den Griff kriege. "Die Leute leiden häufig im Alltag unter diesen Bedingungen. Und jetzt das, diese Erlösung, diese Anerkennung, dieser Kampfeswille, den sie auch im Alltag hier haben müssen."
Die Berichterstattung entspricht dem Reflex, dem Finalsieg einer Mannschaft eines Landes mit krassen gesellschaftlichen Verwerfungen, bedingt durch Armut, Rassismus und politischer Polarisierung, eine Art heilende Kraft zuzumessen. Falls es sie wirklich gibt, hält sie nur wenige Tage. In Wahrheit ist es banal: Die Freude verdrängt für kurze Zeit die vielen Sorgen - aber nicht die Realität. Bald holt der Alltag die Menschen wieder ein. Was am Ende zählt, ist der Blick auf den Kontostand. Die politischen Ereignisse sprechen ebenfalls eine andere Sprache. Frankreich ist so gespalten wie nie zuvor, wie die Wahl neulich zeigte. Von Argentinien ganz zu schweigen.
Reformierte Champions League, neue Klub-WM, ausufernde Nationalmannschaftsturniere - der Fußballkalender wird immer voller. Damit muss Schluss sein, fordert bereits Anfang September die Spielergewerkschaft FIFPro. Spaniens Kapitän Rodri kündigt nun an, zur Not auch die Arbeit auf dem grünen Rasen niederzulegen.
Die neue Champions-League-Saison beginnt an diesem Dienstag - und aus deutscher Sicht wird es direkt spannend. Am Abend machen der FC Bayern München zu Hause gegen Dinamo Zagreb und der VfB Stuttgart bei Titelverteidiger Real Madrid den Auftakt. Fans und Klubs müssen sich auf einen anderen Modus einstellen, als sie in den vergangenen Jahren gewohnt waren. Immer wieder wurde die Königsklasse seit ihrer Einführung 1992 bearbeitet und geformt, doch so grundlegend wie zu dieser Saison wurde sie noch nie reformiert. Es ist kompliziert. Hier gibt es Antworten auf die wichtigsten Fragen vor dem ersten Spieltag in Europas Fußball-Königsklasse.
Erst fünf Spieltage sind in der 2. Bundesliga gespielt, doch auf Schalke brennt es bereits wieder lichterloh. Am Freitag kommt der SV Darmstadt 98 zum Showdown nach Gelsenkirchen. Geht diese Partie für die Königsblauen gegen die Lilien schief, wird es in der nächsten Woche ganz sicher Veränderungen auf Schalke geben. Zu groß sind mittlerweile die Unstimmigkeiten im Klub!