
Uwe Gensheimer: Rücktritt ohne Krönung
Frankfurter Rundschau
Mit dem Abschied von Uwe Gensheimer aus der Nationalmannschaft verliert der deutsche Handball einen ganz Großen - der im DHB-Team nie seine volle Blüte entfalten konnte. Der Kommentar.
Frankfurt - Ein Blick in die Augen reicht. Das war auch bei Uwe Gensheimer nicht anders, als er am Finaltag der Europameisterschaft 2016 in der Lobby des Mannschaftshotels in einem Krakauer Industriebezirk saß - und wartete. Er lächelt, er freute sich aufrichtig für seine Kollegen, die sich kurz zuvor völlig überraschend die EM-Krone aufgesetzt hatten. Wie es in ihm wirklich aussah, verrieten einzig seine traurigen braunen Augen. Für ihn, den Kapitän, hatte das Schicksal während der EM in Polen nur die Rolle des Glücksbringers, des Maskottchens vorgesehen. Ein Muskelfaserriss in der rechte Wade bedeutete schon vor Turnierstart das persönliche Aus. Fünfeinhalb Jahre ist das nun schon her. Der ganz große Wurf ist den deutschen Handballern und damit auch Uwe Gensheimer seither nicht mehr geglückt. Die Mission Gold bei den Olympischen Spielen in Tokio scheiterte vor zehn Tagen bereits im ersten K.o.-Spiel. Die Niederlage gegen Ägypten war zugleich der Abpfiff für Gensheimers Nationalmannschaftskarriere, die er gestern nach 202 Länderspielen als alleiniger Rekordtorschütze (972) auch offiziell für beendet erklärte. Es ist dies ein logischer, ein konsequenter Abschied. Der einst beste Linksaußen der Welt war in der deutschen Mannschaft längst nicht mehr der beste. Nicht mal mehr auf seiner angestammten Position, die ihm schon zu Jahresbeginn bei der WM in Ägypten Andreas Schilling streitig machte. Allzu oft sah sich der mittlerweile 34-Jährige an der Seitenlinie wieder, hockte draußen, motivierte, feuerte an. Ein guter Kapitän. Einer, der seine Führungsrolle annahm und lebte, auch abseits des Parketts.More Related News