Urteil: Wahlrechtsreform der Ampel teils verfassungswidrig
n-tv
Um die Aufblähung des Bundestags zu bremsen, reformierte die Ampel 2023 das Bundeswahlrecht. Doch die Neuregelung ist in Teilen verfassungswidrig und muss laut Karlsruhe nachgebessert werden. Am Abend veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht versehentlich schon, was erst am Morgen offiziell wird.
Die von der Ampel-Koalition eingeführte Reform des Bundeswahlgesetzes ist in Teilen verfassungswidrig. Das urteilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dabei geht es um die Aufhebung der sogenannten Grundmandatsklausel im neuen Wahlrecht. Nach ihr zogen Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Dies setzte das Gericht nun vorerst wieder in Kraft, bis der Gesetzgeber eine Neuregelung verabschiedet hat. Ein Kernstück der Ampel-Reform - die Begrenzung des Bundestags auf 630 Abgeordnete und der Wegfall der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate - hat dagegen Bestand.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts besagt, dass die Fünf-Prozent-Hürde in ihrer geltenden Form - also etwa ohne Grundmandatsklausel - nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Sie beeinträchtige den Grundsatz der Wahlgleichheit. Sie sei unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht in vollem Umfang nötig, um die Funktionsfähigkeit des Bundestags zu sichern, erklärte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats und Vizepräsidentin des höchsten deutschen Gerichts, Doris König, in Karlsruhe. Der Gesetzgeber müsse ein milderes Mittel wählen.
Es sei möglich, dass die CSU bei der nächsten Wahl bei der Sitzverteilung nicht berücksichtigt werde, sollte sie die Fünf-Prozent-Hürde bundesweit nicht überschreiten, so König. Dabei würden die CSU-Abgeordneten im Fall einer Berücksichtigung "hinreichend sicher" eine Fraktion mit der CDU bilden. "In diesem Fall wird das Ziel der Sperrklausel in gleicher Weise erreicht, wenn die Zweitstimmenergebnisse von Parteien, die in dieser Form kooperieren, gemeinsam berücksichtigt werden", nannte sie eine mögliche Lösung.