
Unglück im Ärmelkanal - Großbritannien und Frankreich beschuldigen sich gegenseitig
Frankfurter Rundschau
27 Flüchtlinge sterben im Ärmelkanal. Großbritannien verdächtigt franzsösische Behörden. Macron fordert Johnson zu besserer Kooperation auf.
London/Paris - Die schlimmste Flüchtlingstragödie zwischen Frankreich und Großbritannien hat am Mittwoch (24.11.2021) 27 Menschen das Leben gekostet. Nach dem Kentern des Gummibootes sind sie in dem eisigen Meerwasser ertrunken. Zu den Opfern gehören sieben Frauen und drei Kinder. Nur zwei Männer aus Irak und Somalia haben mit einem schweren Kälteschock überlebt.
Die Bestürzung beidseits des Ärmelkanals ist groß. Auf der strömungsreichen, rund 30 Kilometer langen Fahrt nach England kommt es seit zwanzig Jahren immer wieder zu Todesfällen – noch nie war aber fast die ganze Besatzung eines Bootes ums Leben gekommen. Seit Jahresbeginn haben laut offiziellen Angaben 26.000 Menschen die Überfahrt gewagt, gegenüber 8500 im Vorjahr. Die französische Polizei fasste noch am Mittwoch vier Schleuser, welche die Todesfahrt organisiert haben sollen. In der Nacht auf Donnerstag wurde ein Fünfter festgenommen. Sein Wagen trage deutsche Kennzeichen und auch das Schlauchboot stamme aus Deutschland, präzisierte Innenminister Gérald Darmanin.
Er erklärte, er sei „voller Wut“ auf die kriminellen Banden, die schwangere Frauen, Kinder und Babys beförderten. „Für einige Tausend Euro beutet man diese Menschen aus, indem man ihnen das Eldorado in England verspricht.“ Nötig sei eine grenzübergreifende Kooperation „wie gegen Terroristen“, meinte der Minister an die Adresse von Belgien, Deutschland und Großbritannien.