
Ukrainische Fußball-Nationalspielerin Nicole Kozlova: "Ich war wie betäubt"
DW
Teile der ukrainischen Frauenfußball-Nationalmannschaft sind noch in der Ukraine. Spielerin Nicole Kozlova erzählt, wie sie Kontakt mit ihren Kolleginnen hält - und welche Hoffnungen sie für die Zukunft hat.
Zwei Tage vor Kriegsbeginn feierten die ukrainische Frauenfußball-Nationalspielerinnen noch gemeinsam den Gewinn des Turkish Women's Cup in Alanya, machten sich Hoffnungen auf ein großartiges Jahr. Dann trennten sich ihre Wege. Einige Spielerinnen blieben in der Türkei, im Trainingslager ihrer Vereine. Andere reisten direkt zurück in die Ukraine. Wiederum andere flogen zu ihren europäischen Klubs zurück - wie etwa Nicole Kozlova, die neuerdings in Dänemark beim HB Köge spielt. Als Kozlova am Morgen nach ihrer Rückkehr in ihrem neuen Zuhause aufwachte, war alles anders - die Welt vollständig auf den Kopf gestellt: Es herrschte plötzlich Krieg in der Ukraine.
"Die ersten Tage waren hart, ich war wie betäubt", sagt sie der DW. "Ich fühlte alle möglichen Emotionen: Wut, Angst, Traurigkeit. Ich fühlte mich schuldig, dass ich nach dem Nationalmannschaftscamp zurück nach Dänemark gehen und weiter Profifußball spielen konnte, während meine Teamkameradinnen nach Hause kamen. Wo sie von Bomben geweckt wurden und sich in ihrem eigenen Land verstecken mussten. Weil sie Angst um ihr Leben hatten und an Fußball nicht einmal denken konnten."
Kozlova, die in Kanada aufwuchs, bangt aus der Ferne um ihre Familie, um ihre Freunde. Sie bekommt von jedem ihrer Mitspielerinnen regelmäßig Nachrichten oder Videos geschickt - gefilmt aus Häusern mitten im Kriegsgebiet. "Niemand weiß, was die nächste Stunde bringen wird. Oder ob der Ort, an dem sie untergebracht sind, ruhig bleiben wird. Sie sorgen sich um ihre Familie, um ihre Freunde, um ihre Soldaten, um die Ukrainer, um ihr Land. Es bricht ihnen das Herz, zu sehen, wie ihre Stadt zerstört wird, wie ihr Leben vor ihren Augen zerstört wird."
Kozlovas Sorge um die Sicherheit ihrer Mitspielerinnen ist groß. Denn etwa die Hälfte der Nationalspielerinnen spielt in Charkiw beim ukrainischen Serienmeister Schytlobud-1. Die Stadt Charkiw ist eine der am meisten umkämpften Gebiete in der Ukraine. Allerdings gibt es mittlerweile ein klein wenig Grund, etwas weniger besorgt zu sein.