
Ukraines Guerillakämpfer im Cyberspace
DW
Die Ukraine hat Freiwillige rund um die Welt aufgefordert, Ziele mit Verbindungen zu Russland zu hacken. Tausende sind dem Aufruf gefolgt. Wer sind sie? Und was wollen sie?
Bevor er sich morgens auf den Weg zur Arbeit in "einer x-beliebigen Stadt" in Dänemark macht, verbringt Jens rund eine Stunde damit, die Ukraine im Cyberspace zu verteidigen. Zunächst checkt der IT-Angestellte Mitte 40 auf der Messenger-App Telegram eine Liste mit Websites russischer Organisationen und Unternehmen. Dann aktiviert er ein Programm, das die Internetseiten automatisch mit Anfragen bombardiert und sie damit lahmlegt.
Während der Arbeit vergewissert sich Jens regelmäßig, dass die Software das tut, was sie tun soll: die Websites mit so viel Datenverkehr zu überhäufen, dass sie offline gehen. Wenn er abends ins Bett geht, weiß er, dass er am nächsten Tag das Gleiche wieder tun wird - stillschweigend. Seine Frau, Freunde und Kollegen haben keine Ahnung.
"Ich mache das, um die Russen für ihre Kriegsverbrechen zu bestrafen", sagt Jens über eine verschlüsselte Telefonverbindung. Wie alle Hacker, die für diesen Artikel interviewt wurden, spricht er mit der DW unter der Bedingung anonym zu bleiben, weil ihre Aktivitäten illegal sind.
Er ist einer von möglicherweise Tausenden pro-ukrainischer Cyber-Guerillas, die von der ganzen Welt aus Angriffe auf Ziele in Russland oder mit Verbindungen zu Moskau durchführen. Niemand weiß genau, wie viele sie sind. Ihre Gründe sind so verschieden wie die Cyberwaffen, die sie benutzen - von krudem Online-Vandalismus bis hin zu ausgefeilten Cyber-Operationen. Nur ihr Ziel ist das gleiche: Sie wollen die kriegsgebeutelte Ukraine online unterstützen.
"Jeder hilft, wo und wie er kann", sagt ein Aktivist aus den Niederlanden, der seit vielen Jahren im Hacker-Kollektiv Anonymous aktiv ist.