Ukraine: Schafft Deutschland die Integration von Geflüchteten?
DW
Deutschland erlebt derzeit die größte Flüchtlingsbewegung seit 2015. Experten warnen: Vor allem bei Bildung und Arbeitsmarktintegration könnte es Probleme geben.
Ihor Bielozorov will arbeiten. Der ukrainische Zahnarzt war im Urlaub, als er vom Krieg in seiner Heimat überrascht wurde. Um nicht ewig bei seinen Bekannten in der Nähe von Osnabrück im Nordwesten Deutschlands zu Gast zu sein, sucht er schnell ein eigenes Einkommen. Doch so einfach ist das nicht.
Am Mittwoch besprach sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, wie Geflüchtete aus der Ukraine in den deutschen Arbeitsmarkt finden können. Die Zeichen dafür stehen eigentlich gut, denn das Bildungsniveau in der Ukraine gilt als hoch im internationalen Vergleich.
Etwa 280.000 Geflüchtete aus der Ukraine wurden seit Kriegsbeginn in Deutschland registriert. Entsprechend einer neuen EU-Richtlinie dürfen sie sofort in Deutschland arbeiten.
Es ist vor allem das deutsche Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse, das Ihor Bielozorov bisher von einer Arbeit in seinem erlernten Beruf abhält. Ein bis zwei Jahre, berichten ihm Bekannte, wird es dauern, bis er in Deutschland offiziell als Zahnarzt arbeiten kann. Bis dahin muss er neben einer Sprach- auch eine Fachprüfung ablegen -– obwohl Bielozorov in der Ukraine bereits zwei Jahre als Zahnarzt gearbeitet hat.
"Die Anerkennungsverfahren sind teuer, langwierig und komplex", sagt Martina Müller-Wacker im DW-Gespräch. Die Expertin für Berufsintegration fordert daher, dass der Bund die Verfahren kostenlos anbietet und mit einem Stipendium die häufig nötigen Weiterbildungsmaßnahmen fördert. Denn oft versuchen Migrantinnen und Migranten wegen der hohen Hürden erst gar nicht, die Anerkennung zu bekommen, und bleiben in schlechter bezahlten Jobs.