Ukraine-Krieg spaltet deutsche Rechtsextreme
DW
Der russische Einmarsch in die Ukraine macht Deutschlands Neonazis ratlos: Wen sollen sie unterstützen? Den autokratischen russischen Staatschef oder die auf ukrainischer Seite kämpfenden rechtsextremen Nationalisten?
Rechtsextremen Organisationen in Deutschland gelingt es nicht, eine einheitliche Haltung zu Russlands Einmarsch in die Ukraine zu finden. Das beobachten Kenner der deutschen Neonazi-Szene. Während einige Gruppen den autoritären russischen Staatsführer und seine Ablehnung der NATO unterstützen, erklären sich andere mit dem rechtsextremen Asow-Bataillon in der Ukraine solidarisch.
Eine knappe Mehrheit der deutschen Neonazis neigt der ukrainischen Seite zu, sagt Nicholas Potter, Journalist und Forscher bei der Amadeu Antonio Stiftung, einer der führenden deutschen Organisationen, die die rechtsextreme Szene untersucht. Zwischen ihnen und den kämpfenden Ukrainern bestehen jedoch entscheidende Unterschiede.
"Diese Parteien, Einzelpersonen, Bewegungen, das sind keine eingefleischten Demokraten, die an die Unabhängigkeit der Ukraine glauben und die Regierung des jüdischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unterstützen", betont Potter im Gespräch mit der DW. "Es wäre falsch, zu behaupten, dass sie für dieselben Ideale kämpfen wie die meisten Ukrainer."
Wenn deutsche Neonazis die Ukraine unterstützen, dann liegt das vor allem an den Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen in der Ukraine, erklärt Johannes Kiess, Experte für Rechtsextremismus am Else-Frenkel-Brunswik-Institut der Universität Leipzig: "In der Kampfsport- und Hooligan-Szene, in der Neonazi-Szene, da gibt es auch europaweit Verbindungen. Auch nach Polen. Das ist nicht nur ein deutsch-ukrainisches Ding."
Zu den relativ offen pro-ukrainischen rechtsextremen Parteien zählt Der III. Weg, eine 2013 von militanten Neonazis gegründete Kleinpartei, die nur einige hundert Mitglieder zählt. Insgesamt bezeichnet der deutsche Verfassungsschutz etwa 13.000 Neonazis in Deutschland als gewaltorientiert. Im Oktober 2021 geriet die Partei kurzzeitig in die Schlagzeilen, als sie zu "Grenzgängen" an der deutsch-polnischen Grenze aufrief, um Migranten aufzugreifen. Die Polizei setzte der Aktion schnell ein Ende.