Ukraine-Krieg: Nasa untersucht, wie sie die ISS ohne Russland betreiben kann
Frankfurter Rundschau
Inmitten des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen Russland untersucht die Nasa, wie sie die Internationale Raumstation ISS ohne russische Hilfe betreiben kann.
Washington D.C. – Seit Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat, ist sie ein Thema: Die internationale Zusammenarbeit in der Raumfahrt, die unter anderem dafür sorgt, dass die Internationale Raumstation ISS seit mehr als 20 Jahren mit Menschen an Bord die Erde umkreist. Denn neben der US-Raumfahrtorganisation Nasa und der europäischen Raumfahrtbehörde Esa ist unter anderem auch deren russisches Pendant Roskosmos an der ISS beteiligt. Die Zusammenarbeit im Erdorbit galt bislang als ausgesprochen gut, selbst als Russland 2014 die Krim annektierte, wurde die Kooperation nicht angetastet.
Doch dieses Mal sieht es anders aus, die russische Seite scheint die ISS für ihre Propaganda zu nutzen. Während Russland 2014 nur damit drohte, die USA vom Zugang zur ISS abzuschneiden, fährt Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin dieses Mal andere Kaliber auf. So twitterte Rogosin, der von 2011 bis 2018 stellvertretender russischer Ministerpräsident war und seitdem Leiter von Roskosmos ist, am 24. Februar 2022 eine regelrechte Schimpftirade in Richtung USA – mit dabei etwas, das man durchaus als Drohung auffassen kann: „Wenn Sie die Zusammenarbeit mit uns blockieren, wer rettet dann die ISS vor einem unkontrollierten Abstieg aus der Umlaufbahn und dem Absturz auf US-Territorium oder Europa?“, fragte Rogosin in einer Flut von Tweets erbost. „Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein 500 Tonnen schweres Bauwerk auf Indien und China fällt. Wollen Sie ihnen mit einer solchen Aussicht drohen? Die ISS fliegt nicht über Russland, daher liegen alle Risiken bei Ihnen. Sind Sie bereit dafür?“, so Rogosin weiter.
Hintergrund der russischen Drohung ist, dass die Flughöhe der ISS bisher von russischen Progress-Raumkapseln aufrechterhalten wird: Eine angedockte Kapsel erhöht die Umlaufbahn der Raumstation bei Bedarf. Die Orientierung der Station wird von einem russischen Segment der Station gesteuert. Im Gegenzug sind US-Segmente der Raumstation für die Energieversorgung der ISS zuständig.
Von der Nasa gibt es dazu nur ein kurzes, offizielles Statement: „Die Nasa arbeitet weiterhin mit all ihren internationalen Partnern, einschließlich der staatlichen Raumfahrtgesellschaft Roskosmos, für den sicheren Betrieb der Internationalen Raumstation zusammen“, heißt es darin. „Es sind keine Änderungen an der Unterstützung der Agentur für den laufenden Betrieb in der Umlaufbahn und der Bodenstation geplant.“
Trotzdem scheint das Thema ISS einen Nerv getroffen zu haben, wie der britische Guardian berichtet. Demnach habe Kathy Lueders, die Chefin des astronautischen Raumfahrtprogramms der Nasa, erklärt, das US-Unternehmen Northrop Grumman habe eine Reboost-Funktion angeboten, mit der die Umlaufbahn der Raumstation angehoben werden kann. Northrop Grumman baut die „Cygnus“-Raumfrachter, die die ISS im Auftrag der Nasa beliefern. Auch SpaceX prüfe, ob die „Dragon“-Raumkapseln, die ebenfalls zur ISS fliegen, „zusätzliche Funktionen“ bekommen können, zitiert der Guardian Lueders.